Paris: Kunstwerke restituiert

Frankreich hat gestern, nach über 70 Jahren, im Rahmen einer Zeremonie im Kulturministerium sieben Beutekunstwerke an die Nachfahren der rechtmäßigen Besitzer zurückgegeben. Eines gehörte dem in Theresienstadt ermordeten Prager Bankier Josef Wiener, die sechs anderen dem Wiener Textilindustriellen Richard Neumann.

Neumanns Enkel, Tom Selldorf, hat seit zwei Jahrzehnten dafür gekämpft, die weit verstreute Kunstsammlung seines 1938 von Wien über Frankreich nach Kuba emigrierten Großvaters wieder zusammenzufügen. Dass dies letztlich gelingen konnte, ist nicht zuletzt auch der in Berlin lebenden österreichischen Provenienzforscherin Sophie Lillie zu verdanken.

Morgenjournal, 21.3.2013

Eine bewegende Szene im Prunksaal des Pariser des Kulturministeriums: der 83-jährige Tom Selldorft steht an der Seite von Kulturministerin Filipetti vor sieben Gemälden, deren 70 , Jahre dauernde Odyssee an diesem Tag ein glückliches Ende findet. Werke italienischer Meister aus dem 17. und 18. Jahrhundert, die der Textilindustrielle Richard Neumann 1938 auf seine Flucht nach Frankreich mitnehmen konnte, sie 1941 aber unter Druck verkaufen musste, um seine weitere Flucht über Spanien nach Kuba zu finanzieren. Tom Selldorf hatte diese Werke zuletzt als sechsjähriger Bub bei seinem Großvater in Wien gesehen, jetzt hat er die nötigen Dispositionen getroffen hat, damit die Sammlung als Ganzes erhalten bleibt.

"Ich möchte die Liebe, die Kenntnis, ja die Begeisterung für die Kunst meines Großvaters und seine positive, in die Zukunft gerichtete Lebensphilosophie meinen Kindern und Enkeln weitergeben - mittels dieser Gemälde hier und der Restaurierung des restlichen Teils der Sammlung, weil Kunst wichtig ist für die Gesellschaft und im Grunde für den Menschen", sagt er.

Rückgabe nach Jahrzehnten

Diese sieben jetzt restituierten Werke - vier davon waren im Pariser Louvre, drei in Museen der französischen Provinz - sind Teil des letzten Überrestes der rund 60.000 von den Nazis geraubten Werke, die nach Kriegsende wieder nach Frankreich zurückgekommen waren. 45.000 davon hatten bis Ende der 1940er Jahre wieder ihre Besitzer gefunden, 12.000 weniger wertvolle waren Anfang der 1950er vom französischen Staat verkauft worden, rund 2.000 sind in den sogenannten MNR-Fond eingegangen, der die Aufgabe hat, sie an die rechtmäßigen Besitzer zurückzugeben. Jahrzehntelang ist aber denkbar wenig passiert - ganze 70 Werke, nicht mal vier Prozent davon, sind bis heute wieder in den Händen der rechtmäßigen Besitzer. Entsprechend sagte Kulturministerin Filipetti, die eine neue Taskforce zur Beschleunigung der Rückgabe von Beutekunst schaffen will, bei dieser Gelegenheit auch:

"All diese Werke sind nach wie vor Waisenkinder, warten auf Rückgabe und darauf, dass ihre brutal unterbrochene Geschichte repariert wird, denn die tragische Geschichte dieser Beutekunstwerke ist integraler Bestandteil der großen Geschichte und der Kunstgeschichte. Diese Rückgabe heute beweist, dass Reparationen immer noch möglich sind, trotz des langen, langen Schweigens der Archive." Eine Rückgabe, bei der die Arbeit der österreichischen Beutekunstspezialistin Sophie Lillie eine große Rolle spielte. Sie ist bereits seit 13 Jahren mit den Nachfahren des Kunstsammlers Richard Neumann in Kontakt, hatte im Museum in Krems und im kunsthistorischen Museum sechs Werke ausfindig gemacht, die restituiert wurden und sich dann in Frankreich auf die Suche gemacht.