US-Höchstgericht zum Streitthema Homo-Ehe

Sollen Homosexuelle heiraten dürfen - diese Frage beschäftigt derzeit viele Menschen in den USA, auch das Höchstgericht. Es hat über zwei Klagen beraten. Gegner und Befürworter versuchten, mit Kundgebungen vor dem Supreme Court in Washington Stimmung für ihre jeweilige Position zu machen.

Morgenjournal, 28.3.2013

Wandel der öffentlichen Meinung

Zwei Tage lang haben die neun Richterinnen und Richter des Höchstgerichtes die Klagen erörtert, eine rund um das umstrittene Verbot der Homosexuellen Ehe in Kalifornien und eine weitere Bestimmung, die bereits verheiratete gleichgeschlechtliche Paare rechtlich benachteiligen soll. In insgesamt neun Bundesstaaten und der Hauptstadt Washington ist homosexuellen Paaren ja bereits jetzt der Weg zum Altar offen.

"Die Ehe ist ein Bürgerrecht" riefen während dessen einige hundert Demonstranten, klar ersichtlich für die Homosexuellen Ehe. Die Gegner scheinen vor dem Gericht in der Hauptstadt in der Defensive - aber auch sie zeigen Präsenz: "Können zwei Frauen Kinder bekommen, können zwei Männer Kinder bekommen?", diese Frage ist immer wieder zu hören.

Die öffentlichen Meinung zum Thema Ehe für gleichgeschlechtliche Paare hat sich innerhalb des letzten Jahrzehnts dramatisch verschoben: Erstmals ist mehr als die Hälfte aller US-Bürger klar dafür, bei Wählerinnen und Wählern unter 40 ist das Ja noch viel deutlicher.

Richterliches Unbehagen

Die neun Richterinnen und Richter des Supreme Court gelten in der Sache gespalten. Über alle ideologischen Gräben zeigen beide Lager aber Unbehagen mit der Aufgabe, eine Entscheidung pro oder contra abgeben zu müssen. Richter Samuel Alito: "Die traditionelle Ehe gibt es seit Jahrtausenden. Die gleichgeschlechtliche Ehe ist sehr neu, sie wurde erstmals in den Niederlanden im Jahr 2000 geschlossen. Daher gibt es kaum Daten und kaum Erfahrungen. Es kann etwas Gutes sein - oder auch nicht. Und wir sollen jetzt eine Entscheidung treffen über etwas, das jünger ist als das Internet oder Mobiltelefone. Wir verfügen aber nicht über die Fähigkeit, in die Zukunft zu schauen."

Die Aussage gilt als Indiz dafür, dass das Höchstgericht im Sommer keine Entscheidung fällen könnte. Das würde dann die Verantwortung über die Zukunft der Homosexuellen Ehe wieder in die Hände der Politiker legen.

"Originelle" Debatten

Doch es gibt auch andere Anzeichen. Dem als gemäßigt-konservativ geltenden Richter Anthony Kennedy scheinen Kinder, die von gleichgeschlechtlichen Paaren erzogen werden, benachteiligt:
"In Kalifornien leben mehr als 40.000 Kinder bei gleichgeschlechtlichen Eltern. Die Stimme dieser Kinder ist doch wichtig, oder?"

Die Anwälte von Gegnern und Befürwortern müssen dem Höchstgericht Rede und Antwort stehen - was manchmal eleganter und manchmal weniger elegant gelingt: Richterin Elina Kagan will das Argument, dass Fortpflanzung Sinn und Zweck der Ehe sei, nicht gelten lassen. "Dann könnte doch auch Paaren über 55 der Trauschein verweigert werden", meint sie zu einem Anwalt, der für ein Verbot der homosexuellen Ehe eintritt. Als dieser ungelenk argumentiert, dass es auch viele ältere Paare gebe, die Kinder empfangen würden, meint die Höchstrichterin zur hörbaren Erheiterung des Gerichtssaal-Publikums: "Wenn beide älter als 55 sind, wird es wohl eher keine kinderreiche Ehe mehr."

Bis zum Juni wird der Supreme Court eine Position formulieren. Die meisten Beobachter gehen davon aus, dass das Gericht zwar einige diskriminierende Bestimmungen kippen könnte - aber keine große Entscheidung fällen wird.