Tschechien beendet Eiszeit mit EU
Der erst im März angelobte Präsident Zeman nützt den Besuch von EU-Kommissionspräsident Barroso um auf seinem Amtssitz die EU-Flagge zu hissen und den ESM zu ratifizieren. Ein symbolischer Akt, der zeigen soll, dass die Zeit des EU-Skeptikers Klaus endgültig der Vergangenheit angehört.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 3.4.2013
Lang erwartete Unterschrift
Es erinnert ein wenig an die biblische Geschichte vom verlorenen Sohn. Zwar bietet EU-Vater Jose Manuel Durao Barroso nicht das beste Vieh im Stall für einen Festtagsbraten auf, dennoch scheint es, als würde hier eine Heimkehr groß inszeniert. Der neue tschechische Präsident Milos Zeman hat bis zu diesem Besuch gewartet, um ein Wahlversprechen einzulösen, nämlich auf der Prager Burg die EU-Fahne zu hissen, die unter seinem Amtsvorgänger verpönt war. Und er wartet bis heute, um eine Unterschrift zu leisten, die reine Formsache ist. Erst heute ratifiziert auch der tschechische Präsident den permanenten Euro-Rettungsschirm ESM, nicht etwa, weil Tschechien in den Euro drängt oder etwas einzahlen wolle, sondern weil alle 27 EU-Staaten die Änderung des Lissabon-Vertrags billigen müssen, mit der sich die Eurozone diesen Rettungsschirm geschaffen hat.
Ohne Folgen?
In beiden Kammern des tschechischen Parlaments wurde der ESM schon im vergangenen Juni abgesegnet, aber Ex-Präsident Klaus verweigerte bis zuletzt seine Unterschrift und nannte den ESM "absurd". Unter Zeman ist es anders: "Die Unterschrift unter den ESM kommt. Und da die Regierung ihn vorgeschlagen hat und er in beiden Kammern des Parlaments mit qualifizierter Mehrheit verabschiedet worden ist, gehe ich davon aus, dass ihn anlässlich des Besuchs von Barroso auch der Regierungschef gegenzeichnen wird." Der ESM koste Tschechien nichts, waren Politiker bemüht zu erklären – und er tangiere primär auch nur die Staaten der Euro-Zone, sagt Zeman.
Zickzack geht dennoch weiter
Bedeutet dieses späte Absegnen des ESM jetzt aber auch einen Schwenk in Sachen Fiskalpakt? Tschechien war ja neben Großbritannien das einzige EU-Land, das sich gegen die Selbstauflage zum Sparen, die unter anderem Schuldenbremsen vorsieht, quer gelegt hat. Das tschechische Nein hat innerhalb der Regierungskoalition in Prag zu heftigen Auseinandersetzungen geführt, Außenminister Schwarzenberg drohte gar mit Rücktritt. Premier Necas hingegen ließ verstehen, dass der Fiskalpakt wegen des Präsidenten-Vetos ohnehin keine Chance auf Umsetzung habe.
Nun ist Klaus weg, aber es sieht nicht danach aus, als würde sich am Zickzackkurs Tschechiens etwas ändern. Man hat dem Fiskalpakt zwar nicht zugestimmt, hält sich aber daran. Und Zeman findet den Fiskalpakt zwar nicht wie sein Amtsvorgänger „evident unvernünftig“, immerhin aber seine Verabschiedung nicht dringlich. Den Fiskalpakt unterschreiben müsse Tschechien erst, wenn es den Euro einführe, so die Linie Zemans.
Wann kommt der Euro?
In der Tat. Seit März diesen Jahres gibt es Anspruch auf Hilfe aus dem ESM nur noch für Staaten, die den Fiskalpakt ratifiziert haben. Aber nicht nur die Eurozone hat das getan. Rumänien, Ungarn, Schweden, Dänemark, Litauen und Lettland, allesamt Staaten ohne Euro, haben den Fiskalpakt ratifiziert. In Polen und Bulgarien gilt die Ratifizierung als sicher. Man möchte also meinen, dass ein Land, das sich ohnehin freiwillig an Sparauflagen hält, kein Problem damit haben sollte. Tschechien hat aber auch keine Eile. Sind es drei oder gar fünf Jahre bis zu einem möglichen Euro-Beitritt? Nur Gott und der Heilige Wenzel wüssten das Beitrittsdatum, sagt ein offensichtlich entweder gottesfürchtiger oder fatalistischer tschechischer Präsident.