Strache-Karikatur: SPÖ empört über ÖVP

Im Herbst hatte FPÖ-Obmann Strache eine allgemein als antisemitisch bewertete Karikatur auf seiner Facebook-Seite veröffentlicht. Doch die Staatsanwaltschaft stellte Erhebungen wegen Verhetzung im Jänner ein. Justizministerin Karl (ÖVP) lieferte nun in einer Anfrage-Beantwortung die Begründung nach, die Historiker und Politologen den Kopf schütteln lässt. Die SPÖ fordert von Karl eine Revision der Entscheidung.

Mittagsjournal, 5.4.2013

Keine Hetze, sondern Regierungskritik?

Ein feister Banker mit Hakennase und Davidsternen auf den Manschettenknöpfen, der von einem Regierungsbeamten angefüttert wird, im Begleittext Kritik am Euro-Rettungsschirm - diese Karikatur hat FPÖ-Chef Strache auf seiner Facebook-Seite gepostet. Für Bundespräsident Heinz Fischer ist das eine feige Spekulation mit Überresten des Antisemitismus. Ein Vorwurf, den Strache stets zurückgewiesen hat.

Die Staatsanwaltschaft Wien gab Strache recht und stellte die Erhebungen wegen Verhetzung ein, weil durch die Karikatur nicht gegen die Gesamtheit der jüdischen Bevölkerung gehetzt worden, sondern Regierungskritik geübt worden sei. Der Tatbestand der Verhetzung sei damit schon objektiv nicht erfüllt, so die Begründung, die Justizministerin Karl jetzt gab. Die Anfrage dazu kam von der SPÖ-Abgeordneten Sonja Ablinger, und die ist nach eigenen Worten fassungslos: "Da habe ich mir gedacht: Sie will offensichtlich nicht benennen, was offensichtlich ist. Und mir ist völlig unverständlich, wie man die Anfrage so beantwortet."

Begründung "nicht tragfähig"

Alexander Pollak von SOS Mitmensch sieht das ganz ähnlich: "Wir haben mit österreichischen und internationalen Experten gesprochen, zum Beispiel vom Zentrum für Antisemitismusforschung in Berlin. Und die haben uns alle bestätigt, dass die Erklärung der Justizministerin keiner Expertise standhält." Deshalb müsse die Entscheidung anhand eines externen Fachgutachtens überdacht werden, so Pollak.

Auch der Strafrechtler Richard Soyer von der Universität Linz hält die Begründung der Justizministerin für die Einstellung der Erhebungen gegen Strache für unrichtig: "Es ist in keiner Weise nachvollziehbar, dass Stürmer-ähnliche Karikaturen nicht die Gesamtheit der jüdischen Bevölkerung betreffen. Ich halte das für eine nicht tragfähige Begründung, den objektiven Tatbestand bei einer solchen Sachlage zu verneinen." Soyer verweist darauf, dass die Bestimmungen gegen Verhetzung auf EU-Ebene verschärft worden sind. Im Lichte dessen wäre es angebracht, dass ein Gericht entscheidet, ob der Tatbestand erfüllt ist oder nicht.

Ruf nach Nichtigkeitsbeschwerde

SPÖ-Mandatarin Ablinger will, dass die Justizministerin das ermöglicht: "Notwendig wäre zum Beispiel eine Nichtigkeitsbeschwerde bei der Generalprokuratur. Ich fordere die Ministerin auf, eine Nichtigkeitsbeschwerde einzubringen, weil die Generalprokuratur dann im Auftrag der Bundesministerin entsprechend tätig werden kann." Und sollte die ÖVP-Ministerin sich weigern, dann werde die SPÖ-Fraktion Schritte setzen, um den Fall Straches und seiner Facebook-Karikatur neu aufzurollen.