Vom Einfluss der Migration auf Städte

Den Begriff der Migration öffnen und in Hinblick auf die Stadtentwicklung diskutieren werden ab morgen Soziologinnen, Ethnologen und Urbanistinnen bei einer internationalen Konferenz in Wien. Um urbanes Leben und die Entwicklung von Städten verstehen zu können, braucht es ein Verständnis für die Wechselbeziehungen zwischen Mobilität und Stadt, zwischen Migration und der Konstruktion von Identitäten - so die Ausgangsthese.

Morgenjournal, 10.4.2013

Migration wird oft mit sozialen Problemen in Verbindung gesetzt, kaum aber mit kultureller Vielfalt und sozialer Innovation, die das Phänomen Migration auch mit sich bringt. Das ist eine widersprüchliche Wahrnehmung, meint die amerikanische Migrationsforscherin Nina Glick Schiller, denn auch ständig im Ausland lebende, auf dem Arbeitsmarkt gefragte Menschen, sind Migranten.

Das Symposium "The Crisis, Displacements, Cities and Migrants" findet morgen und am Freitag im Internationalen Forschungszentrums Kulturwissenschaften, IFK, in Wien statt. Ayse Caglar, in der Türkei geboren, hat in Kanada studiert, dann in Berlin und Budapest gelebt und ist nun Professorin an der Universität Wien. Als sie unlängst als "türkische Wissenschaftlerin" bezeichnet wurde, musste sie sich wundern, sagt sie, da ihre Biografie auf den Geburtsort reduziert wurde.

Dabei sind es gerade der Erfahrungsschatz und die Vernetzung mit dem Ausland solcher weit gereister Personen, die das urbane Leben bereichern. Diese Aspekte werden im Symposium besprochen, so Nina Glick Schiller, es gehe um die Bereicherung von urbanem Leben. Das untersuchen die Wissenschaftlerinnen anhand von Kulturhauptstädten Europas. Linz, Pecs, Essen und Marseille sind diese Städte, denen die industrielle Vergangenheit gemeinsam ist. Alle haben auf die Kultur als Motor für Stadterneuerung gesetzt.

Krisen werden unterschiedlich wahrgenommen

Abhängig vom Ort und seiner Geschichte, wird die sogenannte Krise in ganz Europa unterschiedlich wahrgenommen. So hat für Bewohner postindustrieller Regionen die Krise bereits mit dem Niedergang der Industrie begonnen. Für Stadtentwickler etwa sei die Krise bereits überstanden, erzählt Nina Glick Schiller über ihre Recherchen. Andere Menschen, etwa arbeitslose Spanier oder Portugiesinnen, die nach Südamerika auswandern, würden diese Ansicht nicht teilen.

Es brauche differenzierte Maßstäbe, wenn über die Krise gesprochen wird, so Nina Glick Schiller. Das Bruttosozialprodukt eines Landes wie Deutschland spricht eine andere Sprache als die sinkenden Lebensstandards und die gesunkenen Sozialausgaben andernorts. Die Krise, die für manche Vergangenheit ist, wird für andere noch Jahrzehnte andauern.

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