Brasilianische Literatur auf Tour

Bei der heurigen Frankfurter Buchmesse wird Brasilien das Gastland sein. Auftreten wird dort auch Carola Saavedra, die zu den wichtigsten literarischen Stimmen ihres Landes zählt. Letzte Woche war Saavedra in Wien, um ihren neuen Roman "Landschaft mit Dromedar" vorzustellen. Begleitet wurde sie vom deutsch-brasilianischen Literaturwissenschaftler Johannes Kretschmer.

Morgenjournal, 17.4.2013

In Carola Saavedras Roman "Landschaft mit Dromedar" bespricht eine Frau ein Tonband. Sie ist Künstlerin und erzählt über eine offen gelebte Dreierbeziehung, die durch den Krebstod der Freundin ein jähes Ende gefunden hat. Die Geschichte spielt in der Künstlerbohème von Sao Paulo, auf Lokalkolorit hat Saavedra aber ganz bewusst verzichtet.

Carola Saavedra, Jahrgang 1973, gehört zu einer Autorengeneration, die anschreibt gegen die Erwartungshaltung, die man der brasilianischen Literatur im Ausland entgegenbringt. Nicht Karneval und Samba, nicht die Armut in den Favelas und auch nicht die Exotik des Amazonasdschungels finden da Platz, die neue brasilianische Literatur ist intimer geworden und hat keine Lust mehr, ihr Land zu repräsentieren.

Vom Staat gefördert

Die brasilianische Präsidentin Dilma Rousseff hat der Aufbruchsstimmung Rechnung getragen und neue Mittel zur Förderung der Literatur im Land und zu ihrer Verbreitung im Ausland locker gemacht. Von diesen Neuerungen profitieren auch immer mehr Autorinnen, so Carola Saavedra.

Obwohl Brasilien flächenmäßig beinahe die Hälfte von Südamerika einnimmt, unterhält das Land erstaunlich wenige Beziehungen zu seinen Nachbarn. Außenpolitisch, aber auch kulturell orientiert man sich viel stärker in Richtung USA oder Europa. Auch Gallionsfiguren der hispano-amerikanischen Welt wie Fidel Castro oder der unlängst verstorbene Hugo Chávez spielen im Land kaum eine Rolle. Der fünftgrößte Staat der Erde gilt auf dem eigenen Kontinent also erstaunlicherweise als Einzelgänger. Der Literatur kann so eine Außenseiterrolle manchmal auch ganz gut tun, man darf also gespannt sein, mit welchen Überraschungen Brasilien bei der Buchmesse in Frankfurt aufwarten wird.