Plasser: Sorge über neue "Wahlkultur"

Besorgt über die geringe Wahlbeteiligung in Tirol - 56 Prozent ohne Wahlkarten - zeigt sich der Politikwissenschaftler Fritz Plasser. Die Frage sei nicht mehr, wen man wählt, sondern ob man überhaupt wählen geht, sagt Plasser im Ö1-Gespräch. "Und das stellt die Parteien, im Übrigen nicht nur die österreichischen sondern international, vor eine eminente Herausforderung."

Wähler bei der Stimmabgabe

(C) Parigger, APA

Mittagsjournal, 29.4.2013

Politikwissenschaftler Fritz Plasser von der Universität Innsbruck im Gespräch mit Wolfgang Wittmann.

Neue Wahlkultur

In Österreich gebe es "zwei Wahl- und WählerInnen-Kulturen, die sich grundsätzlich voneinander unterscheiden", so Plasser. Diese hätten Auswirkungen auf die Wahlentscheidung und vor allem auf die Beteiligungsdisziplin. Bei der einen, der traditionellen Wählerkultur, stelle sich die Frage der Beteiligung gar nicht. "Bei diesen Personen ist auch eine hohe Wahldisziplin vorhanden in Verbindung mit einer ausgeprägten Parteiidentifikation." Bei der neueren Wahlkultur und ihren jüngeren Angehörigen fehle im Allgemeinen diese innere, emotionale Identifikation mit einer Partei. Zudem gebe es nicht mehr die Wahlnorm und -disziplin: Wählen sei in dieser Gruppe keineswegs mehr eine zentrale BürgerInnenpflicht."

Grundsätzliche Kritik

Was bringt die Menschen wieder in die Wahllokale? - Weniger die politische Werbung, sagt Plasser, und "schon gar nicht diese inszenierten Streitereien innerhalb einer Kampagne". Es gehe vielmehr um die Zeit zwischen den Wahlen, "das Erscheinungsbild, die Ernsthaftigkeit, die dokumentierte Problemlösungsfähigkeit." Plassers grundsätzliche Kritik an den Parteien in Österreich: "Die politischen Eliten haben zum Teil den Zugang zum politischen Alltagsverständnis der Bevölkerung etwas verloren."

"Besorgniserregend"

Für die Landtagswahl in Salzburg am kommenden Sonntag erwartet der Politikwissenschaftler eine ausgeprägte Proteststimmung, aber auch einen generellen Rückzug und einen "generalisierten Vertrauensverlust in die traditionelle und institutionalisierte Politik".

Insgesamt relativiert Plasser aber seine Kritik: Österreich sei vor allem im internationalen Vergleich noch sehr weit entfernt von einer Legitimationskrise der politischen Eliten. Er fügt aber hinzu, dass der Rückgang der Wahlbeteiligung durchaus besorgniserregend sei.