268. Gesundheitszentrum Otto Wagner/Steinhof

1907 wurde Otto Wagners "Weiße Stadt", Europas modernstes psychiatrisches Krankenhaus, eröffnet.
Auf über 150ha sonnigem Südhang neben dem Wienerwald errichtet, stellt es nicht nur ein Kulturdenkmal, sondern Zeugnis einer neuen humanistischen Haltung gegenüber psychisch Kranken dar. Das Krankenhaus war weitgehend autark, dafür sorgten nicht nur Wäscherei, Werkstätten, Theater und Kirche, sondern landwirtschaftlich genutzte Flächen, Obstgarten, Gärtnerei, Viehzucht, Fleischerei.
Die Patienten waren, so weit möglich, in die Alltagsarbeiten eingebunden.

Das gesamte Areal war immer als Bauland für öffentliche Zwecke gewidmet, um für den Spitalsbetrieb notwendige Bauten errichten zu können.

1981, nach Öffnung der Psychiatrie, wollte die Gemeinde Wien auf 30ha nichtmehr genutzter "Ökonomie" 800 Wohnungen errichten. Eine Bürgerplattform ( deren Sprecherin ich war ) konnte durch händisches Sammeln von 70.000 Unterschriften eine wienweite Volksbefragung erzwingen. Die Verbauung wurde abgelehnt, seither gehören die "Steinhofgründe" zu den beliebtesten Naherholungsgebieten Wiens.

2006 kamen findige Verwertungs-Köpfe der Stadt auf die Idee, die 70ha Spitalsareal, mit über 50 Pavillons, in normales Bauland umzuwidmen. Der Spitalsbetrieb sollte zunächst auf den Westen der historischen Anlage konzentriert werden. 2012 folgte die Ankündigung, den Spitalsbetrieb bis 2020 zur Gänze aus dem Areal abzusiedeln. Ist eine " leere Immobilie" doch wesentlich lukrativer zu vermarkten. Psychiatrie, Neurologie, Geriatrie, Lungenheilstätte, Orthopädie sollten die Parklandschaft räumen, handelt es sich doch um ein " wunder-, wunder-, wunderschönes Wohngebiet" (Stadträtin Brauner).

" Alles muss verkauft werden ! "
Die Wohnbaugesellschaft Gesiba hatte bereits im Osten Grund und Boden gekauft, um dort zunächst mit dem Bau von über 600 Wohnungen zu beginnen. Auf dem gesamten Areal, auch zwischen den Pavillons, waren viele weitere Bauten geplant.
Niemand hatte sich gegen diese Enteignung der Gesellschaft lautstark zur Wehr gesetzt. Denkmalschutz, Kunsthistoriker, Soziologen, Ökologen, Demoraten, alle hatten sie geschwiegen.

2010/2011 musste also wieder die Zivilgesellschaft in Aktion treten. Neuerlich wurde eine Bürgerinitiative ins Leben gerufe (bei der ich Gründungsmitglied bin), um den drohenden Ausverkauf dieses kulturell, sozialpolitisch und ökologisch so wichtigen Areals zu verhindern. Erhalt als Gemeingut, keine Zerstörung durch Verbauungen, Schutz der ökologisch wertvollen und sensiblen Fläche, transparente, demokratische Entscheidungsfindung wurden gefordert.

2012 wurde das Angebot der Stadt Wien, ein Mediationsverfahren zur Klärung des Streits durchzuführen, angenommen. Obwohl dort weisungsgebundene Beamte und Vertreter von Bauträgern Gesprächspartner der BI waren, konnte ein ansehnliches Ergebnis zur künftigen Nutzung als wertvolles Gemeingut weitgehend im Konsens erzielt werden. Die Frage der Bebaubarkeit des Ostens blieb offen, eine Expertenkommission wurde damit betraut.

Im April 2013 wurde deren Ergebnis veröffentlicht.
Wichigster Grundsatz: Das Jugendstil-Ensemble samt Parkanlage muss im Eigentum der öffentlichen Hand, sämtliche Grünflächen, außer dem Ostrand, müssen unverbaut bleiben. Die Frage nach Neubauten im Osten wurde an ein "Testplanungsverfahren" delegiert, das in den nächsten Monaten zu einer Klärung bezüglich verbaubarer Flächen gelangen soll.

Durch die Verhinderung des Abverkaufs wird es für die Gemeinde Wien wohl Sinn machen, wichtige soziale Einrichtungen vor Ort bestehen zu lassen. Vom medizinischen Personal des OWS wurde ein umfassendes Nutzungskonzept für die historischen Pavillons erstellt. Es orientiert sich weitgehend am dringenden Bedarf an Einrichtungen für Langzeittherapie und Rehabilitation in vielen Sparten.

Der Verein "Heilkunstareal" komplettiert die Vorschläge mit konkreten Wünschen der Ganzheitsmedizin.

Der Mensch braucht Raum, um gesund zu bleiben. Zur Genesung braucht er diese wunderbaren Grünräume umso mehr.

Es liegt nun an der Stadt Wien, die große Chance zu ergreifen. Ein europaweit einziartiges, geschlossen erhaltenes Jugendstil-Ensemble kann zum kulturellen und sozialen Vorzeige-Projekt werden. Gemeinwohl-Ökonomie für Fortgeschrittene. Kultur, Gesundheit, Gastronomie, Ausbildung, sozial-ökonomische Projekte, können gemeinsam einen bunten, belebten Stadtteil schaffen, um den uns die Welt beneidet.

Viele Menschen haben bisher unzählige Arbeitsstunden in diesen "Traum" investiert, der nun Wirklichkeit werden kann. Ich bin nur ein kleines Rädchen in dieser großen Gemeinschaft, der ich von ganzem Herzen dankbar bin.

Eingereicht von

Christine Muchsel