Wirbel um "Tannhäuser" in Düsseldorf

An der Oper Düsseldorf wird Wagners "Tannhäuser" nur mehr konzertant aufgeführt. Die allzu drastisch inszenierte Premiere hatte rund vierzig der 1.200 Zuschauer derart verstört, dass sie vom Notarzt betreut werden mussten. Sogar die jüdische Gemeinde Deutschlands begrüßt die kulturpolitische Rückzugsentscheidung des Intendanten in Düsseldorf und verteidigt Richard Wagners musikalische Größe gegen den Vorwurf seiner antisemitischen Grundhaltung.

Mittagsjournal, 11.5.2013

Ulrike Gondorf

Tannhäuser

(c) HANS JOERG MICHEL / DEUTSCHE OPER AM RHEIN

Gaskammer und Familienerschießung

Seit Donnerstag wird Wagners "Tannhäuser" nur noch konzertant aufgeführt - auf der Bühne stehen lediglich drei lange Reihen roter Stühle. Bei der Premiere hatte eine Gaskammerszene, in der nackte Statisten in einem vernebelten Glaswürfel zu Boden sinken, die Zuschauer verstört. Zu empörten Tumulten kam es dann, als Tannhäuser als Nazi mit Hakenkreuzbinde eine Familie erschießt.

Rheinoper-Intendant Christoph Meyer reagierte so bestürzt, dass er die drastische Inszenierung von Regisseur Burkhard C. Kosminski nur vier Tage nach der Premiere absetzte.

Kunst und Antisemitismus

Wenige Wochen vor den Feiern zum 200. Geburtstag des großen romantischen Komponisten wird auch die Debatte um Wagners Antisemitismus und seinen Einfluss auf die Nazi-Ideologie wieder angetrieben. Die Mehrheit der Forscher trennt bisher zwischen der Person Wagners und seinen judenfeindlichen Äußerungen auf der einen und dem musikalischen Werk auf der anderen Seite. Auch der Direktor der Düsseldorfer jüdischen Gemeinde, Michael Szentei-Heise, sagte, Wagner sei zwar ein "glühender Antisemit" gewesen, aber das spiegle sich nicht in seiner Musik und den Libretti wieder. Bei Wagners Oper "Tannhäuser", der auf Sagen um den Sängerkrieg auf der Wartburg und dem Venusberg basiert, hat bisher noch niemand antisemitisches Gedankengut vermutet.

Regisseur Kosminski ging es mit der Verortung in die Nazi-Zeit vielmehr um das große Thema Schuld und Erlösung. Kosminski wirft der Oper eine Art Zensur vor. Auch im ehrwürdigen Freundeskreis der Oper hätte mancher die Inszenierung sehen wollen, um sich ein eigenes Urteil bilden zu können. Öffentlich gefordert hatte die Absetzung des "Tannhäuser" übrigens niemand, auch nicht jüdische Verbände. (Text: APA, Red.)