Carolee Schneemann: „Precarious

In der "Sammlung Friedrichshof" im Burgenland wird derzeit mit der Amerikanerin Carolee Schneemann, eine Pionierin der Performance und Body Art, vorgestellt.

Kulturjournal, 27.05.2013

Tiere und Menschen in Gefangenschaft – das ist das Leitthema der Video-Installation "Precarious", die Carolee Schneemann in der Sammlung Friedrichshof als raumfüllende Videoinstallation zeigt. Ein angeketteter Tanzbär mit Hut wiegt sich hin und her. Ein Kakadu im Käfig wiederholt immer wieder die gleiche Bewegung. Und dann sieht man hunderte orange uniformierte Gefangene, die in einem Hof ihre Turnübungen im Gleichschritt absolvieren.

Gegenübergestellt wird das Archivaufnahmen von Performances von Carolee Schneemann. Sie habe mit der Videoarbeit eine Bildersammlung von tänzerischen Bewegungen in Gefangenschaft erarbeiten wollen, sagt die Künstlerin: ihre eigenen Erfahrungen als Performerin in Bezug zu Verhaltensformen der Tiere.

Heute wieder mit der Malerei verbunden

1939 geboren, arbeitete Schneemann zu Beginn ihrer Laufbahn, zunächst mit Pinsel und Leinwand, bevor sie ihren Körpers einzubeziehen begann. So filmte sie sich und ihren damaligen Partner, den Experimentalmusiker James Tenney, für den Film "Fuses" 1964 beim Geschlechtsverkehr. Und das anmutende, kinetische Theaterstück "Meat Joy" hingegen entstand mit teils nackten Tänzerinnen und Tänzern, mit rohen Fischen, Würsten und Papierfetzen als Requisiten des orgiastischen Tanzspektakels.

Während Schneemann in den späten 1960er und 1970er Jahren – beeinflusst von den Kunstrichtungen Fluxus und Happening – eine Erweiterung althergebrachter Kunstformen anstrebte, betont sie heute wieder ihre Verbundenheit zur Malerei.

"Meine Performance-Stücke drängen in der öffentlichen Wahrnehmung alle anderen Aspekte meiner Arbeit zurück. Angesichts der anderen Materialien und Kunstformen, die ich verwende und produziere – Malerei, Konstruktionen, Installationen mit technischen Systemen, Videofilme, theatrale Inszenierungen – angesichts dieser Vielfalt also hat mein nackter Körper überproportional große Aufmerksamkeit erhalten. Man will nur eines sehen: das nackte Mädchen, die nackte Frau", sagt Carolee Schneemann.

Frauen immer noch untergeordnet

Sie habe genug davon, stets auf die Nacktheit reduziert zu werden, so Carolee Schneemann. Ebenso wenig Verständnis zeigt sie dafür, dass Frauen in der Kunstwelt immer noch eine den Männern untergeordnete Stellung innehaben.

"Man hat mir immer schon verboten, kreativ zu sein – schon als ich als Kind wie besessen zeichnete. Später, als ich ein Stipendium fürs College bekam, in den 1960er Jahren, sagt man mir: Du hast Talent, aber bilde Dir nichts darauf ein. Du bist nur ein Mädchen, häng bloß nicht Dein Herz an die Kunst. Und das setzt sich fort bis heute! Erst gestern, bei einem Abendessen, sagte ein Kurator ungläubig zu mir: Was, Sie arbeiten noch? In Ihrem Alter? Sie sehen: es nimmt kein Ende."

Meint sie, dass männlichen Künstlern diese Frage nicht gestellt wird? "Natürlich nicht", so Schneemann, "einen Henri Matisse hätte man ja schließlich auch nicht dazu aufgefordert, seinen Pinsel ruhen zu lassen."

Eine Geschichte der Ablehnung und der Marginalisierung

Carolee Schneemann leistete in den 1960er und 70er Jahren einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung der Performance als eigenständige Kunstform, die Unmittelbarkeit und Nähe zum Publikum ermöglicht. Sie war befreundet mit den wichtigsten Persönlichkeiten der künstlerischen Avantgarde dieser Zeit, mit John Cage und Merce Cunningham, mit Andy Warhol und Claes Oldenburg, Philip Glass und Steve Reich.

"Das war eine kleine, enge Künstler-Gemeinschaft, die sehr aktiv war. Charakteristisch war, dass die Frauen sich wie kleine funkelnde Sterne um die großen, anziehenden Künstler bewegten. Die Männer dominierten die Inhalte und die Gespräche. Wir arbeiteten einfach weiter, neben den Männern und in deren Schatten – ohne uns untereinander auszutauschen. Ich hatte gute Freundinnen unter den Künstlerinnen. Und ich wusste nicht einmal, was für Kunst sie in der Abgeschlossenheit des Ateliers machten", sagt Carolee Schneemann.

Ihre eigene Laufbahn, so Carolee Schneemann, sei eine Geschichte der Ablehnung und der Marginalisierung. So hatte sie – trotz internationaler Anerkennung – Schwierigkeiten, kommerzielle Vertriebswege für ihre Kunst zu finden.