Krise: EU für weniger strengen Sparkurs
In Brüssel urteilt die Europäische Kommission in den sogenannten länderspezifischen Empfehlungen über die Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten. Um vierzehn Uhr wird Kommissionspräsident Barroso vor die Presse treten. Klar ist schon jetzt: angesichts der düsteren Wirtschaftslage versucht die Union vom strengen Sparkurs der letzten Jahre abzugehen.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 29.5.2013
Aus Brüssel,
Keine Strafmaßnahmen
Für eine ganze Reihe mit Mitgliedsstaaten kommt heute grünes Licht aus Brüssel: Frankreich, Spanien, die Niederlande, Polen und Slowenien dürfen höchstwahrscheinlich mit ihrem Budgetdefizit über der drei Prozentmarke bleiben. Zumindest vorläufig. Italien wird überhaupt aus dem Defizitverfahren entlassen. Auch Ungarn, das noch vor Kurzem heftig kritisiert wurde, bekommt nach Einsparungen jetzt wieder gute Noten. Für Belgien, dem die Kommission mangelnden Reformwillen vorwirft, wird es wahrscheinlich bei einer Verwarnung bleiben. Strafmaßnahmen gegen Defizitsündern, die eigentlich möglich wären, dürften diesmal ganz ausbleiben.
Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso hat schon vor einiger Zeit gemeint, die die Sparpolitik in Europa stößt an ihre Grenzen. Die Kommission ist jetzt dabei einen deutlichen Kurswechsel zu vollziehen.
Vorrang für Arbeitsmarktinitiativen
Nicht mehr Kürzungen bei den Staatsausgaben stehen im Vordergrund, sondern eine Reform des Arbeitsmarktes. Im Gegenzug für eine Lockerung der Defizitvorgaben verlangt Brüssel von den Mitgliedsstaaten Strukturreformen, damit die Firmen wieder mehr investieren. Besonders wichtig ist der Kommission ein flexiblerer Arbeitsmarkt in Frankreich, Spanien und Italien. Weniger Regeln werden mehr Jobs bringen, lautet das Argument.
Mehr Zeit, um das Budgetdefizit zu reduzieren, das soll es den Mitgliedsstaaten leichter machen gegen den Wirtschaftsabschwung anzukämpfen. Möglicherweise gleich zwei Jahre mehr zur Defizitreduzierung in Frankreich, Spanien, Polen und Slowenien: in den betroffenen Ländern wird das zu einem großen Aufatmen führen.
Gute Noten für Österreich
Österreich bekommt in Brüssel traditionell gute Noten. Die EU-Experten empfehlen immer wieder, dass die Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen verkleinert werden sollten. Im letzten Jahr wurde auch moniert, dass in Österreich das gesetzliche Pensionsalter für Frauen zu langsam an jenes der Männer angehoben wird.
An den letzten Details des endgültigen Empfehlungspakets legen die 27 EU-Kommissare zur Zeit noch selbst Hand an. Kommissionspräsident Barroso will mit den endgültigen Noten am frühen Nachmittag vor die Presse treten.