Grenzkontrollen gegen Flüchtlingsansturm
Europa erlaubt im Schengen-Raum neue Grenzkontrollen. Die nun beschlossene Reform sieht eine Notfall-Klausel vor, wonach EU-Staaten die Grenzen auch im Fall von Flüchtlingsströmen die Grenzen dichtmachen können. Bisher war die Wiedereinführung von Grenzkontrollen nur bei Sport-Großereignissen oder nach Terroranschlägen erlaubt.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 31.5.2013
Reform fertig
Zwei Jahre lang wurde erbittert gerungen - europäische Reisefreiheit versus innenpolitische Panikmache. Nun steht die Reform des Schengen-Mechanismus, die regelt, in welchen Fällen, die Grenzen dicht gemacht werden dürfen, sagt Michele Cercone, der Sprecher der EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström: "Derzeit ist es ein einseitiges System, das einzig dem Mitgliedsstaat die Entscheidung über Grenzkontrollen überlässt. In Zukunft wird die EU-Kommission das Schengen-System überwachen, die bei Problemen auch einschreiten kann. Außerdem wird künftig bei auftretenden Problemen gemeinsam nach einer Lösung gesucht."
Alleingänge erschwert
Auslöser des Schengen-Streits war der Arabische Frühling. Frankreich hatte 2011 seine Grenzen zu Italien, wo tausende Flüchtlinge aus Nordafrika angekommen waren, dicht gemacht. Dann sprang auch die wahlkämpfende Regierung in Dänemark auf diesen Zug auf, und wollte wegen angeblicher grenzüberschreitender Kriminalität wieder Passkontrollen zu Deutschland und Schweden einführen. Das Prinzip der Reisefreiheit drohte wegen populistischer Alleingänge zu kippen. Das soll mit dieser Reform nur noch erschwert möglich sein, sagt Kommissionssprecher Michele Cercone: "Das wird deutlich schwieriger, weil jede Wiedereinführung von Grenzkontrollen gerechtfertigt sein muss. Ab jetzt hat die EU-Kommission politische Druckmittel, die das Instrumentalisieren von Grenzkontrollen verhindern sollen."
"Abschottung" oder "Verbesserungen"
Die neuen Schengenregeln sehen vor, dass zuerst zwei Drittel der Mitgliedsländer zustimmen müssen, um Grenzkontrollen wieder einzuführen. Das letzte Wort hat die EU-Kommission, die bei Verstößen auch juristisch gegen einen EU-Staat vergehen kann. Soweit zum formalen Prozedere. Neu ist aber auch, dass von nun an nicht nur nach Terroranschlägen oder bei Großereignissen die Grenzen dicht gemacht werden dürfen - sondern auch bei Flüchtlingsströmen - und zwar bis zu zwei Jahre. Grüne EU-Parlamentarier sehen darin die drohende Abschottung Europas, Abgeordnete der europäischen Volkspartei hingegen sprechen von höheren Standards und einer besseren, neutralen Evaluierung des Schengen-Mechanismus. Ab Herbst 2014 sollen die neuen Regeln gelten.
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