1987 - Kolporteursjacke

27. April 2017, 15:40

Ab den 70er Jahren waren es zunehmend Migranten, die als Zeitungsverkäufer arbeiteten. Zuerst Ägypter und dann, ab den 80er-Jahren, meist Zuwanderer aus Indien, Pakistan und Bangladesch. Für sie war der überaus harte Job einer der wenigen zugänglichen Beschäftigungen, dafür wurden die Kolporteure aber in höchst prekäre Arbeitsverhältnisse hineingezwungen.

1990 hat Ulrich Seidl in seinem Dokumentarfilm „Good News“ den tristen Alltag der Zeitungsverkäufer beobachtet. Schon zehn Jahre davor hatten sich die ägyptischen Zeitungskolporteure erstmals zusammengeschlossen, um auf ihre Situation aufmerksam zu machen. Gemeinsam mit der Zeitschrift „Extrablatt“ wurde damals die Aktion „Ein Herz für Sklaven“ ins Leben gerufen: „Die rechtliche Situation bindet uns auf Gedeih und Verderb an ‚Krone‘ und ‚Kurier‘“, stand auf einem Flugblatt zu lesen. Die Kolporteure forderten damals ein ordentliches Dienstverhältnis mit Sozial- und Krankenversicherung, eine Erhöhung der Provision auf 25 Prozent pro verkauftem Zeitungsexemplar und einen garantierten Mindestlohn von 180 Schilling pro Schicht.

Tiefgreifenden Erfolg brachte die Initiative keinen und so wurde 1987 erneut ein Verein der Zeitungskolporteure ins Leben gerufen, der dieses Mal übernational ausgerichtet war.

Schon in Ulrich Seidls „Good News“ wusste ein indischer Zeitungsverkäufer ein Lied von seiner tristen Situation zu singen. Dabei waren die Verkäufe damals noch weitaus besser als heutzutage, wo durch Gratiszeitungen und Online-Angebote starke Einbrüche zu verzeichnen sind. Und auch verkaufsfördernde Schlagzeilen gab es Ende der 80er-Jahre zur Genüge: 1987 kam die NS-Vergangenheit von Bundespräsident Kurt Waldheim ans Licht, ein Jahr später brachte die Premiere von Thomas Bernhards „Heldenplatz“ am Burgtheater die Ewiggestrigen auf die Barrikaden und 1989 sorgte der Fall des Eisernen Vorhangs für ein neues Zusammenrücken zwischen Österreich und seinen Nachbarn.