Gute Noten - keine Lehre?

Die Arbeitslosigkeit in Österreich steigt. Besser sieht es dagegen für junge Menschen aus, die einen Lehrplatz suchen. Das Problem ist aber, dass viele Firmen keine geeigneten Lehrlinge finden. Oft mangelt es an Grundwissen, das eigentlich die Pflichtschulen vermitteln sollten. Schüler mit guten Noten finden eine Lehre offenbar nicht so attraktiv.

Morgenjournal, 22.6.2013

Hannes Auer

Lage nicht dramatisch

Schlaflose Nächte müssen junge Menschen auf Lehrstellensuche derzeit nicht haben. Die Zahl jener, die einen Lehrplatz suchen, ist zwar gestiegen, dramatisch sei die Lage aber keineswegs, heißt es vom Arbeitsmarktservice (AMS). "Ende Mai hatten wir 4.000 Lehrstellensuchende bei 3.000 offenen Lehrstellen", sagt AMS-Chef Johannes Kopf.

Der Grund dafür ist laut Kopf der geburtenschwache Jahrgang 1998. Es gibt heuer insgesamt weniger 15-jährige als noch vor einem Jahr. Damit sei auch die Konkurrenz um Lehrstellen kleiner. Für die Unternehmen ist das nicht unbedingt eine gute Nachricht, so Kopf. Für die Betriebe sei es mittelfristig schwieriger, gute Lehrlinge zu finden. Schüler mit guten Noten bewerben sich jetzt schon eher selten für Lehrplätze.

"Es scheitert an den schulischen Grundkenntnissen"

Eduard Lackner kennt das Problem. Er ist Personalchef des Maschinenbau-Unternehmens Sandvik Mining&Construction in Zeltweg im Murtal in der Steiermark. Sandvik muss viele Bewerber ablehnen. "Es scheitert in vielen Fällen an Grundkenntnissen im Bereich Mathematik, Schreiben, Lesen, Verstehen oder Englisch. Die schulischen Vorkenntnisse sind zum Teil dramatisch schlecht."

Mehr Mädchen und Burschen sollten sich zu einer Lehre entschließen, anstatt in höhere Schulen zu wechseln, hofft Lackner.

Erfolgreich mit Lehre

Daran arbeitet in der Steiermark eine Initiative mit dem sperrigen Namen "Kraft. Das Murtal". 60 Industrie- und Gewerbeunternehmen haben sich zusammengetan. Um ihr Ziel zu erreichen, wollen die Firmen gemeinsam den Ruf der Lehre verbessern, sagt Lackner, der neben seinem Job bei Sandvik Lehrlingsbauftragter der Initiative ist. Die Vorteile eines Lehrberufs für ihn: Man verdient recht rasch sein eigenes Geld und hat eine gute Ausbildung. "Zielsetzung ist es, dem Trend entgegenzuwirken, eine berufsbildende höhere Schule und ein anschließendes Studium allein machen glücklich. Es geht auch anders: Mit einer Lehre sehr erfolgreich zu sein."

Erste Erfolge gebe es bereits. Immerhin haben sich im Murtal heuer schon mehr junge Menschen für Lehrplätze beworben als im gleichen Zeitraum der vergangenen Jahre. Die Quantität stimmt also, aber die Qualität der Bewerber sei immer noch verbesserungswürdig, so Lackner.