Kampfkunst-Epos "Grandmaster"
Seit dem Oscar-Erfolg "Crouching Tiger, Hidden Dragon" im Jahr 2000 haben auch hierzulande Kampfkunstfilme aus Fernost ihr Massenpublikum gefunden. Jetzt legt Hongkongs Kultregisseur Wong Kar-wai mit "The Grandmaster" ein Filmepos über den Niedergang der Kampfkünste im letzten Jahrhundert vor.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 26.6.2013
China in den 1930er Jahren. Es herrscht Bürgerkrieg, außerdem erobern die Japaner immer weitere Gebiete des Landes. Von den Wirren betroffen sind nicht nur Leib und Besitz, sondern auch das Jahrhunderte alte Wissen der Kampfkünste.
Der 1893 geborene Yip Man gilt als einer der letzten Großmeister des Kung Fu. Er begründete die Schule des Wing Chun und wurde später der Lehrer des jungen Bruce Lee. "The Grandmaster" folgt jetzt seinem wechselvollen Lebenslauf.
Regisseur Wong Kar-wai: "Manche Kampfkunstfilme sind, ähnlich wie 'Herr der Ringe', ein reines Fantasiespektakel, das nichts mit historischen Ereignissen zu tun hat. 'The Grandmaster' ist hingegen ein authentischer Film über Kung Fu, denn hier geht es um historische Persönlichkeiten und um ihr Verhalten, ihr Wissen und ihre Philosophie."
Schon 1996 fasste Wong Kar-wai den Plan, einen Film über einen Kung-Fu-Meister zu drehen. Auf zahlreichen Reisen durch Festlandchina und Taiwan besuchte er Originalschauplätze und die Nachkommen einstiger Kampfkunstlegenden. Und war immer mehr fasziniert von den Persönlichkeiten, die sich hinter den Geschichten, die er hörte, auftaten. Wong Kar-wai: "Diese Männer waren sehr bescheiden und elegant und ihre Disziplin war beeindruckend. Sie standen jede Nacht um drei Uhr auf und trainierten bis fünf. Und die meisten von ihnen waren sehr gebildet, spielten Schach und übten sich in Kalligrafie, Malerei und Musik."
Wong Kar-wai gilt als der große Stilist und Ästhet des Hongkong-Kinos. Die hypnotischen Bilder seiner melancholischen Dramen wie "Happy Together" oder "In The Mood For Love" haben ihm zahlreiche Auszeichnungen, darunter den Regiepreis in Cannes, eingebracht. Und auch in "The Grandmaster" setzte er zum Bilderrausch an. Allein der Eröffnungskampf verschlang dreißig Drehtage. Jede Kampfszene ist dabei minutiös choreografiert, Zeitlupen kommen zum Einsatz und wie Tänzer fliegen die Kämpfer durch die Luft, die Schläge und Stöße begleitet von Tango-Klängen.
Als 1949 die Kommunisten den Bürgerkrieg für sich entscheiden und die Volksrepublik China ausrufen, geht Großmeister Yip Man wie so viele Chinesen nach Hongkong. Völlig verarmt und unbekannt, muss er sich dort als Kung-Fu-Lehrer durchschlagen.
Leider scheint seine Bewunderung für die Kampfkünste und ihre Meister mit Wong Kar-wai durchgegangen zu sein, denn so beeindruckend die Bilder sind, so prätentiös erzählt er seine Geschichte. Schade, denn würden seine Figuren die Beweglichkeit, die sie im Kampf unter Beweis stellen, auch in den Dialogen zeigen, wäre "The Grandmaster" ein Meisterwerk geworden.