Ist Berlusconis politische Karriere zu Ende?

Wenn die letzte Instanz den Schuldspruch bestätigen wird, dann heißt das: Silvio Berlusconis politische Karriere ist zu Ende, er darf kein politisches Mandat mehr ausüben. Nicht nur für Berlusconi, sondern auch für die Regierung wäre das ein Paukenschlag, weil der Koalitionspartner weg wäre.

Mittagsjournal, 10.07.2013

Prozesstermin vorverlegt

Die italienische Justiz ist berüchtigt für ihre Langsamkeit. Prozesse ziehen sich über Jahre hin, und häufig sind es Verjährungen und nicht Verurteilungen, die am Ende einen Schlussstrich ziehen. Silvio Berlusconis Anwälte sind zum Zwecke der Verjährung seit zwanzig Jahren Virtuosen der Hinauzögerung seiner zahlreichen Verfahren. Das Höchstgericht in Rom spielt dieses Spiel jetzt offenbar nicht mehr mit. Für die ganze Nation überraschend haben die Höchstrichter nun den Herbsttermin des derzeit für Berlusconi riskantesten Prozesses auf Ende Juli vorverlegt.

Berlusconi wegen Steuerbetrugs angeklagt

Ein Paukenschlag: Mitten im Hochsommer, wo hierlzulande normalerweise alles dichtmacht und ans Meer strömt, am 30. Juli soll im sogenannten Mediaset-Prozess des letztinstanzliche Urteil gesprochen werden. Es geht um Steuerbetrug. Berlusconi wird beschuldigt, Filmrechte für sein Medienimperium über Briefkastenfirmen in Steuerparadiesen gekauft zu haben, vorbei an den italienischen Finanzbehörden.

Machtverlust droht

Wäre es beim Herbsttermin geblieben, hätte für Berlusconi die Chance bestanden, dass ein Teil der Vergehen, die Jahre zurückliegen, verjährt wären - der ganze Prozess hätte zum Teil neu aufgerollt werden müssen, um irgendwann vielleicht im Nichts zu enden. Durch die Vorverlegung fällt die Verjährung jetzt flach und der Cavaliere riskiert zum ersten Mal eine Verurteilung mit Folgen: Nicht dass ihm Gefängnis droht. In Italien kommt, wer über 70 ist, nicht mehr ins Gefängnis. Berlusconi droht ein Ämterverbot und damit der Verlust der ihm noch verbliebenen politischen Macht.

Mitstreiter drohen mit Sturz der Regierung

Entsprechend aufgebracht reagiert die Schar seiner engen Mitstreiter, und ruft wie stets zur Schlacht gegen die angebliche Verschwörung linker Richer und Medien. Während Berlusconi, von seinem Anwalt angeblich zurückgehalten, schweigt. "Es ist ein Putsch gegen die Freiheit", sagt Daniela Sanatanchè, eine der glühendsten Kämpferinnen in Berlusconis Reihen, "ein Putsch gegen die Demokratie, gegen unsere Partei und gegen Berlusconi. Jetzt ist Schluss mit Reden, wir müssen zur Tat schreiten." Berlusconis Leute drohen mit Massenprotesten und dem geschlossenen Rücktritt aller Parlametarier der Partei. Und sie drohen mit dem Sturz der Regierung. Letzeters allerdings sehr viel leiser: Denn ihr Spielraum scheint hier im Moment eingeschränkt zu sein.

Regierung ohne Berlusconi?

Durch den Seitenwechsel mehrerer Grillo-Abgeordneter könnten im Parlament neue Mehrheiten und damit neue Koalitionen möglich werden, also eine Regierung auch ohne Berlusconi. Und Neuwahlen sind für den Cavaliere inzwischen auch keine sichere Karte mehr. Und trotzdem: Berlusconi wäre nicht Berlusconi, müsste man nicht auch mit Überraschungen rechnen.