Ägypten: Türkei auf Seite der Muslimbrüder

Mit dem für heute geplanten Marsch der ägyptischen Muslimbrüder nach Kairo könnte der Machtkampf in Ägypten einen neuen Höhepunkt erreichen. Während die USA zurückhaltend reagieren, fordert die Türkei steigender Vehemenz die Rückkehr von Mohammed Mursi an die Macht.

Mittagsjournal, 12.07.2013

Erdoğan verurteilt Putsch

Niemand könne besser beurteilen was in Ägypten vor sich geht, als die türkische AKP. So sieht es zumindest Tayyip Erdoğan. „Wir haben lange unter putschenden Militärs gelitten“, sagt Erdoğan bei einem Fastenbrechen in Ankara. „Wir wollen nicht dass unsere Brüder in Ägypten ebenso leiden.“ Erdoğan weiß auch schon, wie der Machtkampf in Ägypten ausgehen wird: „Am Ende können Putschisten nicht gewinnen. Nur Allah kann der Sieger sein“, sagt Erdoğan.

Gleich nach dem Staatsstreich in Ägypten hat der türkische Ministerpräsident seinen gerade erst begonnenen Urlaub unterbrochen. Seither vergeht kein Tag, an dem Erdoğan oder sein Außenminister nicht die aktuellen Entwicklungen in Kairo kommentieren.

Die Achse Ankara-Kairo

Mit dem ägyptischen Präsidenten Mursi hat die AKP einen ihrer wichtigsten Verbündeten verloren. Auch wenn die türkische AKP weitaus moderner und welt- offener agiert als die ägyptischen Muslimbrüder, gleichen die doch den Vorgänger-Parteien der AKP, in denen Erdoğan groß geworden ist - und die eben regelmäßig unterdrückt und mit Politikverbot belegt worden waren. Dazu kommt, dass die islamistische Regierung in Kairo gut in Erdoğans außenpolitisches Konzept gepasst hatte. Mithilfe von Mursi wollte sich der türkische Regierungschef stärker in die Nahost-Politik einmischen. Kairo sollte Druck auf Israel ausüben. Erdoğans geplanter Besuch in Gaza muss nun aber weiter verschoben werden.

Schließlich hatte die Türkei in die Partnerschaft mit den Muslimbrüdern massiv investiert. Ein Milliardenkredit zu sehr günstigen Bedingungen sollte Mursi helfen, die enormen wirtschaftlichen Schwierigkeiten seines Landes in den Griff zu bekommen.

Kritik am Westen

Dass in Kairo nun alles nun anders gekommen ist als man in Ankara wollte, dahinter stecken aus Sicht der AKP die gleichen westlichen Akteure, die auch den Aufstand rund um den Gezi-Park unterstützt hatten. In der internationalen Gemeinschaft gebe es viele, die im Zusammenhang mit Ägypten immer noch nicht von einem Putsch sprechen wollten, sagt Erdoğan. Damit sei über die wahren Ziele des Westens alles gesagt.

Ein Grundton zieht sich durch die Erdoğan-Reden zu Ägypten: Muslime seien wie so oft die Opfer der internationalen Politik. Und genau daraus beziehen sie ihre Stärke.