Bildung in Österreich: Viele Baustellen

In Österreich können fast 30 Prozent der Fünfzehnjährigen nicht sinnerfassend lesen und fast 80.000 Jugendliche unter 25 haben keine ausreichende Schulbildung und oft keinen Beruf. Dazu kommen das wiederholt schlechte Abschneiden beim PISA-Test, die Unzufriedenheit von Eltern und Lehrern. Auf der anderen Seite wächst der Druck auf Österreichs Jugend, in der Schule hervorragende Leistungen zu bringen.

Mittagsjournal, 16.7.2013

Dauerverhandlungen über Elternwünsche

Englischunterricht an einer Neuen Mittelschule. Zwei Lehrer stehen im Klassenzimmer. Die Kinder in Lerngruppen aufgeteilt - leistungsschwache lernen von den Sprachtalenten. Förderung statt Überforderung, beschreibt Sonja Dejanovic das Konzept. Die Grazerin ist Jugendcoach. Sie studiert Deutsch und Geschichte im zweiten Bildungsweg an der Pädagogischen Hochschule, um in einem Jahr selbst in einer Klasse zu unterrichten.


Die "Neue Mittelschule" ist das Vorzeigeprojekt der Bildungsministerin und dennoch nicht mehr als ein Mosaikstein. Ideologiekämpfe zwischen SPÖ und ÖVP dominieren die Bildungspolitik seit den 1950er Jahren. Der großkoalitionäre Kompromiss dominiert den Alltag der Familien. Claudia Riebler arbeitet als Pressechefin eines großen Konzerns Vollzeit. Um Kind und Karriere unter einen Hut zu bringen, hat sie sich für ihren achtjährigen Sohn für eine katholische Privatschule entschieden. Deren wesentlicher Vorteil sei die Ganztagsbetreuung.


Bewusst für eine öffentliche Schule hat sich hingegen der Tiroler Werbeagenturchef Patrick Bock entschieden. Seine älteste Tochter hat den ersten Schulwechsel hinter sich und gibt ihre Erfahrungen an den sechsjährigen Bruder weiter. Erst am Ende der Volksschule sehe man, welcher Leistungsdruck für das Kind verträglich sei. Und die Entscheidung darüber komme viel zu früh.

OECD drängt

Beide Elternwünsche - Ganztagesbetreuung und eine Gesamtschule - liegen immer wieder auf dem Verhandlungstisch. Da nützt es auch nichts, wenn Experten zur Eile mahnen. OECD-Bildungsdirektorin Barbara Ischinger legt den Finger in die offene Wunde. In allen Ländern sei es von Vorteil ein abgeschlossenes Hochschulstudien zu haben.

Österreich schneide nicht nur bei den Schulleistungen schlechter ab als andere Länder, auch der Bildungsaufstieg verlaufe auch langsamer. Während im OECD-Schnitt 37 Prozent der jungen Menschen einen höheren Bildungsgrad als ihre Eltern erreichen, schaffen den Aufstieg in Österreich nur 26 Prozent.