Finnland: Bildungskonzept als Exportschlager

Das finnische Bildungssystem zählt zu den Besten der Welt. Das sagen nicht die Finnen selbst, sondern alle Rankings von Organisationen wie der OECD oder dem Pearson Verlag, weltweit führend bei Bildungsinhalten. Wer will, kann dieses Erfolgsmodell kaufen und bei sich umsetzen.

Mittagsjournal, 16.7.2013

"Nie ein Schritt zurück"

Seit drei Jahren exportiert Finnland Bildungskonzepte, also Unterrichtspläne, Lehrinhalte, Konzepte, und Ausbildungsmodule. Wer will, kann sich auch das Schul-Gebäude dazu bauen lassen. Zu den finnischen Kunden zählen Abu Dhabi, Saudi-Arabien, China und einige unserer unmittelbaren Nachbaren in Osteuropa. Finnland wird als Weltmeister des internationalen Schulvergleichs Pisa gefeiert; eigentlich aber ist Finnland Champion der unteren Zehntausend. Denn nirgendwo auf der Welt liefern schwache Schüler so gute Ergebnisse ab wie in Finnland. Was die Finnen anders machen? Kristiina Volmari von der Nationalen Finnischen Bildungsagentur: "Ein Schlüssel ist unsere Lehrerausbildung. Nur 16 Prozent kommen durch. Das heißt, in den Klassenzimmern stehen nur die Besten. Und wir wecken Potentiale. Wir sind ein kleines Land, nur Talente zu erkennen und dafür Potentiale nicht zu erkennen, das können wir uns gar nicht leisten. "

Eine Erkenntnis, die über Jahre gereift ist. Seit den 1980er Jahren wird langsam aber stetig reformiert: "Konsequenz zählt bei uns, nicht das Tempo. Wechselt bei uns die Regierung, bleibt das Bildungsziel trotzdem erhalten. Wir erneuern uns zwar nur in kleinen Schritten, dafür machen wir nie einen Schritt zurück. Das ist der Unterschied zu Ländern mit einer ideologisch geprägten Bildungspolitik."

Alle Bildungswege offen

Die Säulen sind Fairness und Gleichberechtigung: "Bei uns geht niemand in eine Sackgasse durch eine falsche Schulentscheidung. Unser Bildungssystem ist seit mehr als 30 Jahren durchlässig. Wofür immer man sich im Alter von 15 Jahren entscheidet, danach stehen einem jungen Menschen trotzdem alle Bildungswege offen. Das heißt, alle Wege führen zur Universität."

Tiina Raatikainen spricht gar von "Geheimnissen des Erfolgs". Sie arbeitet für EduCluster. Das ist ein sehr junges Unternehmen dreier Universitäten und zuständig für den Export des finnischen Bildungssystems: "Staaten wissen, dass sie in Bildung investieren müssen. Diese Einstellung hat mit den globalen Rankings zu tun. Alle wollen ganz oben dastehen im internationalen Vergleich, nicht um des Rankings willen, sondern um des Wohlstands willen. Bildung ist der Schlüssel dafür. Und was liegt da näher, als sich uns als Vorbild zu nehmen? "

Vermarkteter Bildungserfolg

Der Erfolg lockt Bildungsexperten aus der ganzen Welt an; so viele, dass daraus mittlerweile ein Geschäftsmodell geworden ist. EduCluster verkauft den finnischen Bildungserfolg. Zu den ersten Kunden zählt Abu Dhabi. 30 Lehrer und zwei Direktoren arbeiten fünf Jahre lang gemeinsam, um im Emirat eine Grundschule nach finnischem Muster aufzubauen: "Wir verkaufen kein Produkt von der Stange, wir gehen Partnerschaften ein. Im Fall Abu Dhabis arbeiten wir eng mit lokalen Experte zusammen, um die regionalen Besonderheiten mit unseren Erfolgsfaktoren zu verknüpfen."

China, Nigeria, Südamerika und Osteuropa lassen sich beraten. Dies alles geschieht im Auftrag der finnischen Regierung, erklärt Kristiina Volmari von der Bildungsagentur. Finnland arbeite an seiner Marke und Bildung ist ein zentraler Bestandteil dieser Strategie: "Wir stellen unsere Wirtschaft auf eine breitere Basis. Es wäre ein schlecht investiertes Steuergeld, würden wir unsere bestausgebildeten Lehrer exportieren. Was wir aber können ist, Beratungs-Dienstleistung zu exportieren. Das ist das Modell, an das ich glaube."