Heathrow: Debatte über Flughafen-Umzug

Seit einem halben Jahrhundert wird in London immer wieder diskutiert und gestritten, ob und wie der überlastete Flughafen Heathrow ausgebaut werden soll. Der exzentrische Londoner Bürgermeister Boris Johnson hat nun einen provokanten Vorschlag präsentiert: Er will Europas größten Flughafen auf eine Halbinsel in der Themsemündung verlegen und das bisherige Flughafengebiet in ein Wohngebiet für 250.000 Menschen verwandeln.

Mittagsjournal, 19.7.2013

Kapazitätsgrenze erreicht

Die Koalitionsregierung von Premierminister David Cameron hat eine unabhängige Transportkommission mit der Aufgabe betraut, Lösungsvorschläge zu erarbeiten, eine Entscheidung soll aber erst nach der nächsten Unterhaus Wahl 2015 fallen. Doch schon jetzt startet und landet alle 45 Sekunden eine Maschine in Heathrow, 70 Millionen Passagiere benutzen jährlich den Flughafen. Das Drehkreuz für internationale Verbindungen in alle Welt arbeitet an der Kapazitätsgrenze, schon kleinste Störungen führen regelmäßig zu erheblichen Verspätungen. Großbritanniens Wettbewerbsfähigkeit stehe auf dem Spiel, warnt die Wirtschaft seit Jahren. Wenn London seine Kapazitäten nicht ausbaut, könnten den Flughäfen laut offiziellen Zahlen Millionen von Fluggästen pro Jahr entgehen, sagt Stephen Hickey von der Unabhängigen Transport Kommission: "In den nächsten Jahren werden die Flughäfen Charles de Gaulle, Frankfurt oder Schipol ihre Kapazitäten erhöhen und Heathrow stark überholen."

Flughafen in der Themsemündung

Der Londoner Bürgermeister Boris Johnson ist ein erbitterter Gegner des Heathrow Ausbaus, er glaubt, die Lösung liegt außerhalb des Londoner Stadtgebiets. Einer seiner Vorschläge ist ein Mega-Flughafen in der Themsemündung bis zum Jahr 2029: "Wir legen der Unabhängigen Transport Kommission drei gute Lösungen für London vor. Erstens einen Ausbau von Stansted, zweitens die sogenannte Insel-Lösung außerhalb der Themse Mündung oder drittens die Isle of Grain-Lösung, in der Mündung, sie hätte großes Regenerationspotential und einen guten Anschluss ans Verkehrsnetz.“

Ein Flughafen in der Themsemündung sei eine Möglichkeit, sagt Stephen Hickey von der Transportkommission, gibt aber zu bedenken, dass vermutlich höhere Gebühren für Fluglinien anfallen würden, der Megaflughafen würde gleichzeitig das Aus für Heathrow bedeuten: "Ein Ausbau von Heathrow hätte geringere Auswirkungen, man müsste nicht ein ganzes Industriegebiet in der Größe einer Stadt schließen.“

Zu radikal

Die Diskussion um den Ausbau den Flughafens Heathrow wird schon seit 50 Jahren geführt. Aber aus Kostengründen wurden Pläne für einen Flughafen in der Themsemündung immer wieder verworfen, dieses Argument lässt Boris Johnson nicht gelten: "Der Ausbau von Heathrow wäre extrem teuer, wenn zuerst eine dritte und dann eine vierte Landebahn gebaut würden. Wir brauchen eine langfristige nachhaltige Lösung.“

Den umliegenden Gemeinden ist dieser Vorschlag zu radikal, man leidet zwar unter dem Lärm und fürchtet noch mehr Belastung, sollte Heathrow ausgebaut werden. Den Flughafen aber ganz zu verlieren, würde viele Menschen hier aber hart treffen, sagen Besucher in einem Pub in Stanwell Moor: "Wir haben die ganze Infrastruktur hier, die Luftfrachtgesellschaften sind hier ansässig, es wäre unmöglich das alles umzusiedeln." - "Warum bauen sie nicht eine zweite Landebahn in Stansted, Luton oder Gatwick, die haben mehr Platz." - "Das ist viel zu teuer, ich glaube nicht, dass es logistisch funktionieren würde." - "176.000 Arbeitsplätze gingen dadurch verloren, die ganze Region würde darunter leiden."

Fluglärm für Nobelvororte?

Die Eigentümer des Flughafens Heathrow haben jetzt auch ihre Ausbauvarianten der Kommission vorgelegt. Eine Variante würde deutlich mehr Flugverkehr für die vornehmeren Londoner Vororte wie Richmond bedeuten. Konservative Wähler hätte damit keine Freude. Die nächste Regierung nach der Wahl 2015 wird sich mit diesem heiklen Thema auseinandersetzen und endlich eine Entscheidung treffen müssen. Egal wie sie ausfällt, sie wird auf harten Widerstand treffen.