Pavel Kohout ist 85

Er ist einer der Intellektuellen von europäischem Rang, heute feiert er seinen 85. Geburtstag: Pavel Kohout. Der große tschechische Schriftseller und ehemalige CSSR-Dissident war einer der Wortführer des Prager Frühlings und einer der meistgespielten Dramatiker der Tschechoslowakei. Die widerspruchsvolle europäische Geschichte hat er am eigenen Leib erfahren.

Morgenjournal, 20.7.2013

Vom treuen KP-Mitglied und Stalin-Verehrer zum Wortführer des Prager Frühlings und überzeugten Demokraten - der Lebenslauf von Pavel Kohout spiegelt die großen Wendungen des vergangenen Jahrhunderts.

Pavel Kohout war 18 als er in die Partei eintrat, man schrieb das Jahr 1946. Kohout studierte in seiner Geburtsstadt Prag Philosophie und Literatur, dichtete im Arbeiter-und-Bauern-Stil, etwa ein Loblied auf Traktoren. Politisch zuverlässig, durfte er 1949 als tschechoslowakischer Kultur-Diplomat in die Botschaft nach Moskau, später dann arbeitete er als Redakteur für verschiedene tschechische Medien und schrieb Theatertexte. Mit Stücken wie "So eine Liebe" und der Zirkusgroteske "August, August, August" wurde er zum meistgespielten Dramatiker der CSSR.

Stalin - das war zunächst ein Synonym für die Befreiung vom Faschismus, die Bewunderung für den Diktator grenzte an Vergötterung, erzählt Pavel Kohout. Es folgten: der Schock und die Trennung von Stalin.

Nach der Niederschlagung des Prager Frühlings wurde Pavel Kohout aus der Partei ausgeschlossen, mit Bühnen- und Publikationsverbot belegt, vom Geheimdienst schikaniert. 10.000 Seiten umfasst seine Akte, weiß Kohout. Als er - einer der Mitverfasser der Charta 77 - anno 1978 nach Wien reiste, um den Österreichischen Staatspreis für Europäische Literatur entgegenzunehmen, nützte die Tschechoslowakei diesen Auslandsaufenthalt, um den Regimekritiker auszubürgern. 1980 nahm Pavel Kohout in Wien die österreichische Staatsbürgerschaft an. Erst neun Jahre später konnte er wieder in seine Heimatstadt Prag zurückkehren. Heute lebt er in Prag und Wien.

Seine Lebensbilanz hat Pavel Kohout vor drei Jahren aufgeschrieben - der Titel: "Mein tolles Leben mit Hitler, Stalin und Havel".

Textfassung: Joseph Schimmer