Achleitner: "Exzesse bei Deutscher Bank vorbei"
Seit gut einem Jahr leitet der Österreicher Paul Achleitner den Aufsichtsrat – das Kontrollgremium – der Deutschen Bank, das in der jüngeren Vergangenheit vor allem mit negativen Schlagzeilen von sich Reden gemacht hat. Unter der Aufsicht von Paul Achleitner hat sich die Bank einen Neubeginn verordnet. Der ehemalige Investmentbanker bei Goldman Sachs soll darüber wachen, dass im Grunde selbstverständliche gesellschaftliche Werte auch wieder gelebt werden.
8. April 2017, 21:58
(c) Roessler,DPA
Mittagsjournal, 27.7.2013
Der Aufsichtratschef der Deutschen Bank, Paul Achleitner, ist "Im Journal zu Gast" bei
"Tag für Tag am Vertrauen arbeiten"
Paul Achleitner, Aufsichtsratschef der Deutschen Bank, wacht darüber, dass im Institut ethisch sauber gearbeitet wird. Zuletzt war das nicht immer der Fall und die Deutsche Bank fiel durch Skandale auf. Das Umfeld der Banken hat sich geändert, darum müssten sich jetzt auch die Banken an sich ändern, sagt Achleitner: "Die Kultur eines Unternehmens ist das Resultat dieser veränderten Verhaltensweisen und nicht ein Eingabefaktor, der von oben kommt." Mit dem Wertewandel sei man schon viel weiter, als das in der Öffentlichkeit wahrgenommen werde, so Achleitner. Vor der eigenen Haustür werde "permanent gekehrt".
Um das Vertrauen der Bevölkerung wiederzuerlangen, müssten die Mitarbeiter der Deutschen Bank Tag für Tag daran arbeiten, sagt der Aufsichtsratschef. Dann würde sich die Gesellschaft auch Schritt für Schritt wieder daran erinnern, wie wichtig ein stabiles Finanzsystem mit gut funktionierenden Banken eigentlich für unser modernes Leben sei. Achleitner ist davon überzeugt, dass die Deutsche Bank international ganz vorne mitspielen kann. Die Führungsriege habe erkannt, dass man – um langfristig erfolgreich zu sein – eine neue Einstellung, aber auch neue Wettbewerbsstrategien verfolgen muss.
Gesellschaft als Kredit-Junkie
Was im Finanzsektor schief gelaufen sei, fragt Ö1 Achleitner. Er vergleicht die "finanzielle Revolution" der vergangenen zwei Jahrzehnte mit der Industriellen Revolution. Auch da habe es Dinge gegeben, die uns heute unmöglich vorkommen und die dann nach einiger Zeit "aufgeräumt" wurden. "Ähnliche Aufräumarbeiten – natürlich beschleunigt – gibt es auch im Zuge der finanziellen Revolution." Dazu gehöre etwa, sich wieder mehr auf die Kunden zu konzentrieren. Die Zeiten der Exzesse seien bei der Deutschen Bank jedenfalls vorbei.
Aber: "Wir haben als Gesellschaft insgesamt ein leistungsförderndes Mittel namens Kreditverschuldung in exzessiver Art und Weise zu uns genommen. Das wurde von den Banken verabreicht, das stimmt, aber all diejenigen, die es genommen haben, sind natürlich auch nicht unschuldig." Das sei genauso als würde man sagen, Lance Armstrong sei das Opfer seines Doping-Arztes, meint Achleitner. "Wir müssen ganz einfach lernen, mit einer Welt umzugehen, in der wir auch ohne diese leistungsfördernde Droge namens übermäßige Verschuldung wettbewerbsfähig sind und weiter reüssieren können."
"Kapital muss wieder richtigen Preis finden"
Die Konsequenz daraus ist für Achleitner "dass wir nicht ganz so hoch springen und nicht so schnell laufen können", sprich: Das Kapital müsse wieder seinen richtigen Preis finden und man könne sich nur noch so viel leisten wie man auch zurückzahlen kann. In dieser Richtung würde gerade in süd- und ost-europäischen Ländern viel passieren, so Achleitner.
Es besteht laut dem Aufsichtsratschef kein Zweifel, dass mehr, vor allem aber bessere Regulierung nötig ist. Dass das, was jetzt unter Regulierung gehandelt wird, wirklich zu besserer Regulierung führt, sei zu hinterfragen. Vernünftig seien etwa die Vereinbarungen in Basel III, das jetzt konsequent umgesetzt gehöre.
Mit den Folgen der diversen Krisen werden wir noch "eine ganze Reihe von Jahren" leben müssen, sagt Achleitner. Es müsse die richtige Basis zwischen einer soliden Finanzierung und einem angemessenen Wachstum – und nicht einer Schuldenfinanzierung – gefunden werden. Bescheidenheit kann Achleitner zufolge auch nicht schaden.