"Mittwoch" von Wolf Wondratschek

Rock-Poet, Literatur-Macho und 68er-Rebell - das sind nur einige Attribute, die dem Autor Wolf Wondratschek im Laufe seines Lebens zugeschrieben worden sind. Sein 1969 veröffentlichter Prosaband "Früher begann der Tag mit einer Schusswunde" wurde zum Kultbuch.

In den 1970er Jahren ist ihm dann das Kunststück gelungen, mit Lyrik auf die Bestsellerlisten zu kommen, mit Gedichtbänden wie "Chuck's Zimmer" und "Männer und Frauen". Jetzt, kurz vor seinem 70. Geburtstag, hat der Wahlwiener einen neuen Roman veröffentlicht: "Mittwoch" heißt er.

Es ist Mittwoch, ein ganz alltäglicher, unspektakulärer Mittwoch, an dem ein Mann - beschrieben als "kultiviert" und "von bedächtiger Eleganz" - einen Hundert-Euroschein bei einem Hotelportier hinterlegt. Am Ende des Tages, 240 Seiten später, wird er ihn wiederbekommen. Wolf Wondratschek begleitet diesen Hunderter bei seiner Tagesreise.

Ein Mechaniker, ein Wirtssohn, eine Prostituierte, ein Boxer, ein Friseur, ein Tabakhändler - mit ihren Schicksalen reisen wir an einem einzigen Tag, eben an diesem Mittwoch von acht bis 18 Uhr auf eine Mittelmeerinsel, nach Sibirien und auch ins Hollywood der 1940er Jahre.

"Ich bin nicht wirklich ein Erzähler", sagt Wolf Wondratschek, "ich bin einer, der Abschweifungen liebt", und so wie der durch den Mittwoch segelt, folgt man ihm gern. Mit sicherer Hand und genauem Blick führt Wolf Wondratschek sein Figurentableau durch den Tag, mit wenigen Strichen gelingt es ihm, Milieus zu skizzieren - in einer fein gearbeiteten Prosa, die Stoff für mehrere Romane birgt.