Regierung in Prag ohne Vertrauen
Nur knapp ein Monat war in Tschechien die Experten-Regierung von Premier Jirschi Rusnok im Amt, gestern ist sie bei einer Vertrauensabstimmung durchgefallen. Präsident Milos Zeman will dennoch am Regierungsteam von Übergangspremier Rusnok festhalten, andere politische Kräfte in Tschechien wollen Neuwahlen.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 8.8.2013
Vorerst ohne Konsequenz
Nur 93 Abgeordnete haben nach offiziellen Informationen bei dem Votum am Mittwochabend für sie gestimmt, während gegen sie 100 Parlamentarier waren. Sieben Abgeordnete waren nicht anwesend.
Gegen Rusnok votierten vor allem die Parteien der früheren Mitte-Rechts-Koalition - konservative Demokratische Bürgerpartei (ODS), liberal-konservative TOP 09 und die Kleinpartei LIDEM. Für die Regierung stimmten die Sozialdemokraten (CSSD), Kommunisten (KSCM) und die populistische Partei Öffentliche Angelegenheiten (VV). Entscheidend zeigten sich die Stimmen der Abgeordneten, die nicht einer Partei oder einem Klub angehören. Rusnok sprach von einer "ehrlichen Niederlage".
Laut Verfassung sollte nun die im Juli ernannte Rusnok-Regierung die Demission bei Staatspräsident Milos Zeman einreichen. Dies bestätigte Rusnok mit den Worten, er werde dies "unverzüglich tun". Allerdings wird sie weiterhin geschäftsführend sein, bis ein neues Kabinett vom Staatsoberhaupt angelobt ist.
Wann dies geschehen wird, ist unklar. Zeman gab in einer Rede vor den Abgeordneten klar zu erkennen, dass er keine Absicht habe, in den nächsten Wochen einen neuen Regierungsauftrag zu erteilen. Als Grund nannte er eine Erklärung der Staatsanwaltschaft, dass es in den nächsten Wochen eine "grundsätzliche Bewegung" in den Ermittlungen der jüngsten Korruptions- und Bespitzelungsaffäre um die ehemalige Büroleiterin des früheren Regierungschefs Petr Necas, Jana Nagyova, geben werde.
Neuwahl im Herbst?
Dennoch wären schon im Herbst Neuwahlen möglich. Die Neuwahlen sollten durch die Selbstauflösung des Abgeordnetenhauses herbeigeführt werden, wofür es nun offensichtlich schon die dazu erforderliche Verfassungsmehrheit (120 von 200 Stimmen, Anm.) gibt.
Für die Selbstauflösung wollen nach wie vor "so schnell wie möglich" die Sozialdemokraten (CSSD) und die Kommunisten (KSCM) stimmen. Auch die liberal-konservative Partei TOP 09 des ehemaligen Außenministers Karel Schwarzenberg will dafür stimmen, wie die Partei am Mittwochabend erklärte. Insgesamt haben die drei Parteien 122 Stimmen in dem 200-köpfigen Abgeordnetenhaus.
Außerdem kündigte die Chefin der Kleinpartei LIDEM Karolina Peake ihre persönliche Bereitschaft an, den Antrag zur Auflösung des Parlaments zu unterstützen. Die konservative Demokratische Bürgerpartei (ODS) gab zu Neuwahlen zunächst keine klare Zustimmung. Bereits am Donnerstag sollten die Parlamentsparteien über die Einberufung einer außerordentlichen Sitzung des Abgeordnetenhauses und deren Termin diskutieren, bei der die Auflösung der Kammer beschlossen werden könnte.