Italien: Serie A zeigt sich zum Start bescheiden
In Italien startet am Abend die oberste Fußballklasse, die Serie A, in die neue Saison. Sie soll diesmal eine saubere, faire und wirtschaftlich solidere werden. Die Zeiten des offensiven, unkontrollierten Schuldenmachens sind vorbei. Selbst bei den Großen der Branche wie Meister Juventus Turin oder AC Milan hat so etwas wie Bescheidenheit Einzug gehalten. Bei Gesamtverbindlichkeiten von etwa drei Milliarden Euro kein Wunder.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 24.8.2013
Aus Italien berichtet ORF-Korrespondentin
Nicht mehr so viele in den Stadien
Für viele Italiener sind mit diesem Wochenende die faden Sommer-Sonntage vorbei: "Unser Lieblingslaster ist zurück", sagt Alessandro, Kellner in der Bar ums Eck, "Fußball ist wieder da und deine Mannschaft." Es gibt kaum einen Termin, den die italienische Durchschnittsfamilie pünktlicher einhält, als die "Partita" am Sonntagnachmittag, ein Event, der vom Nonno bis zum Enkel, alle in Bann zieht. "Es hat sich aber viel geändert", schränkt Alessandro ein, "die Stadien sind nicht mehr so voll, viele verfolgen Fußball gar nicht mehr so."
Tatsächlich zieht es seit Jahren immer weniger Fans in die Stadien. "Die Stadien sind unbequem, schlecht gebaut, man sieht schlecht", sagt Fußballjournalist Stefano Ligresti. "Die meisten stammen noch aus den Sechzigerjahren, ganze drei erfüllen die Voraussetzungen für die Austragung internationaler Spiele. Die Tickets sind teuer und viele ziehen es vor, sich die Live-Übertragungen im Fernsehen anzusehen."
Fast drei Milliarden Euro Schulden
Auch die vor allem in Italien häufigen rassistischen Ausfälle gegen farbige Spieler wirken auf viele Familien abschreckend. Die wiederkehrenden Skandale der letzten Jahre haben den Enthusiasmus gedämpft: Schiedsrichtermanipulation, getürkte Spiele und illegale Wetten haben gerichtliche Nachspiele. Vor allem aber steht es schlecht um die Finanzen. Einen Schuldenberg von fast drei Milliarden Euro müssen die Spitzenvereine abtragen.
Eine Milliarde verdienen sie jährlich aus den Fernsehrechten. Aber der Verkauf von Fanartikeln leidet unter der allgemeinen Krise, die die italienischen Durchschnittsfamilien zum Sparen zwingt. Nur noch wenige können 70 bis 80 Euro für ein T-Shirt der Lieblingsmannschaft ausgeben.
Nachwuchsarbeit leidet
Auch die Zeit der tollen Mannschaften mit den weltbesten Spielern sei vorbei, sagt Sportjournalist Ligresti: "Vor zehn Jahren hat Italien noch alle besten Fußballspieler der Welt, ganz egal um welchen Preis, gekauft. Das ist jetzt vorbei, wegen der Fair-Play-Regeln der UEFA und der eigenen Geldsorgen. Die besten Spieler kaufen jetzt die Briten oder Bayern München."
Dennoch werden weiter Spieler aus dem Ausland eingekauft, erklärt Ligresti, "weil Spieler aus dem Ausland häufig billiger sind als gleichwertige italienische". In der Serie A kommt inzwischen einer von zwei Spielern aus dem Ausland, vor fünf Jahren war es noch einer von vier. Auf der Strecke bleibt so die Ausbildung des eigenen Nachwuchses.
Aber all den Schatten zum Trotz: Alessandro aus der Bar und Millionen andere sind froh, dass die Meisterschaft endlich beginnt und damit auch eine Ablenkung von Alltagssorgen und Krise.