G-20: Keine Annäherung über Syrien-Schlag

Beim G-20-Gipfel in St. Petersburg hat sich keine Annäherung in der Syrien-Frage abgezeichnet. Auch das Abendessen der Staats- und Regierungschefs brachte keinen Durchbruch. Einen Militärschlag gegen das Assad-Regime ohne Mandat der UNO lehnen neben Moskau auch viele andere G-20-Staaten ab.

Merkel, Putin und Cameron

(c) EPA

Morgenjournal, 6.9.2013

"Spaltung bestätigt"

Das Abendessen der G-20 habe die "Spaltung" der Gipfelteilnehmer "bestätigt", teilte der italienische Regierungschef Enrico Letta nach dem Ende der Veranstaltung über den Kurznachrichtendienst Twitter mit. Nach Angaben aus Diplomatenkreisen hatten die Teilnehmer die Gelegenheit, in zehnminütigen Ansprachen ihre Positionen darzulegen. Russlands Präsident und Gastgeber Wladimir Putin hatte das Thema angesichts des Verhandlungsdrucks eigens auf die Tagesordnung gesetzt, obwohl er den Gipfel ausschließlich Wirtschaftsfragen widmen wollte.

Einem Militärschlag gegen Assad auch ohne Mandat der UNO stehen neben Moskau auch viele andere G-20-Staaten kritisch gegenüber. Es könne nur eine "politische Lösung" für den Konflikt geben, sagte Chinas Vizefinanzminister Zhu Guangyao in St. Petersburg. Ein Militärschlag könne "die gesamte Weltwirtschaft treffen".

Die USA setzen konsequenterweise in der Syrien-Krise nicht mehr auf eine Zusammenarbeit mit dem UN-Sicherheitsrat. Das System der Vereinten Nationen habe im Falle Syrien versagt, sagte die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Samantha Power. Ihre Regierung werde sich in der Frage eines Militärschlags gegen die Führung in Damaskus nicht um eine Zustimmung des Sicherheitsrats bemühen. Ein britischer Resolutionsentwurf, in dem eine Antwort auf den Einsatz von Chemiewaffen gefordert wird, sei faktisch gescheitert.

Suche nach diplomatischer Lösung

"Dieser Krieg muss beendet werden", sagte hingegen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zum Auftakt des Gipfels. Auch die "kleinste Möglichkeit eines politischen Prozesses" müsse genutzt werden. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) plädierte für einen neuen Anlauf, den Internationalen Strafgerichtshof einzuschalten. Demnach soll der UN-Sicherheitsrat dem Tribunal in Den Haag ein Mandat erteilen, damit dieses die mutmaßlichen Giftgaseinsätze in Syrien untersuchen kann. "Wir müssen die Konfliktparteien an den Verhandlungstisch bringen", sagte EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy. "Russland spielt dabei eine Schlüsselrolle." Papst Franziskus forderte in einem Brief an Putin, die G-20-Vertreter dürften nicht "untätig" bei der Suche nach einer Friedenslösung bleiben, um "ein Massaker zu verhindern".

Trotz der tiefen Gräben wollte sich der Sondergesandte der UNO und der Arabischen Liga, Lakhdar Brahimi, in St. Petersburg gemeinsam mit UN-Generalsekretär Ban Ki Moon für eine zweite internationale Syrien-Konferenz einsetzen. Angesichts der Sorge wegen des mutmaßlichen Chemiewaffeneinsatzes "müssen wir noch härter auf eine internationale Konferenz in Genf dringen", wurde Ban von einem UN-Sprecher zitiert. US-Außenminister John Kerry telefonierte am Donnerstagabend mit seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow, um die gemeinsame Idee einer internationalen Syrien-Friedenskonferenz wiederzubeleben. Am Montag wird Syriens Außenminister Walid al-Muallim zu Gesprächen in Moskau erwartet.

Die USA werfen syrischen Regierungstruppen vor, mit einem Giftgaseinsatz am 21. August in Vororten von Damaskus mehr als 1400 Menschen getötet zu haben. US-Präsident Barack Obama bat den Kongress in Washington um grünes Licht für einen Militärschlag gegen Syrien, um Präsident Baschar al-Assad zu bestrafen. Obama machte dabei deutlich, dass er auch ohne UN-Mandat zum Handeln bereit sei. Moskau lehnt einen Militärschlag ab. Die UN-Vetomacht Russland ist ein traditioneller Verbündeter der syrischen Führung und verhinderte im Sicherheitsrat bereits mehrfach Strafmaßnahmen gegen Assad. (Text: APA, Red.)

Übersicht

  • Naher Osten