"Semiramide" in der Kammeroper
Nur wenige Libretti wurden im 18. Jahrhundert öfter vertont als Metastasios Bearbeitung des Semiramis-Stoffes. Selbst Rossini und Meyerbeer sahen Jahrzehnte später in der Geschichte über die sagenhafte assyrische Königin noch eine ideale Vorlage. Jetzt hat der Händel-Spezialist Alan Curtis Händels Arrangement der "Semiramide" rekonstruiert und bringt es in der Kammeroper erneut zum Klingen.
8. April 2017, 21:58
Kulturjournal, 24.09.2013
Gehobene Sprache
Nur wenige Libretti wurden im 18. Jahrhundert öfter vertont als Metastasios Bearbeitung des Semiramis-Stoffes. Unter den zahlreichen Komponisten finden sich auch Namen wie Porpora, Hasse oder Gluck. Selbst Rossini und Meyerbeer sahen Jahrzehnte später in der Geschichte über die mörderisch-intrigante assyrische Königin noch eine ideale Vorlage. Metastasio hat die Elemente des Semiramis-Mythos zu einer äußerst komplizierten, an Verwechslungen und Verwicklungen reichen Handlung gefügt.
Für Regisseur Francesco Micheli war das Libretto von Matastasio auch einer der Gründe, bei dem Projekt mitzumachen. Er sei ein totaler Verehrer Metastasios, sagt er und hält ihn für den größten Schriftsteller des 17. Jahrhunderts, für den Erfinder der italienischen Sprache die heute noch gesprochen wird - die gehobene italienische Sprache, versteht sich.
Händels Implikationen
Auch Händel hat 1733 die Güte von Metastasio erkannt. Allerdings hat er den Stoff nicht allein vertont, sondern eine Art der Koproduktion mit anderen großen Namen der Zeit initiiert. Händel wollte eine italienische Oper für ein englisches Publikum aufführen. Der größte Teil der Musik basiert auf Leonardo Vincis Vertonung des populären Stoffes aus dem Jahre 1729, aber auch einige Erfolgsnummern von Johann Adolf Hasse wurden eingebracht. Die Rezitative stammen alle von Händel selbst. Aber: Die Premiere floppte, denn Händels Anhänger (auf seine Kompositionen fixiert), zeigten sich ebenso enttäuscht wie das italienische Publikum, das aus Loyalität zur Konkurrenz fern geblieben war.
Der amerikanische Dirigent und Händel-Spezialist Alan Curtis hat zunächst nicht geahnt welche Arbeit auf ihn zukommen würde. Er habe nicht des Geldes wegen und schon gar nicht aus Prestigegründen akzeptiert diese Premiere zu dirigieren, sondern aus Liebe zu Musik und jungen Künstlern zugesagt.
Kurze Barockoper
Nach und nach sei das Projekt gewachsen, denn etliche Arien waren einfach zu schlecht gewesen und so begann die Arbeit, deren Ergebnis heute eigentlich als Uraufführung zu bezeichnen ist. Und was die Händelfans von 1733 empört hat, wird das Publikum des 21. Jahrhunderts wahrscheinlich begeistern, denn wo findet man eine Barockoper deren Motto „In der Kürze liegt die Würze“ lauten könnte? Denn Arien wie Rezitative sind für die damalige Zeit schon unter Händel ungewohnt kurz ausgefallen und wurden von Curtis noch gestrafft und so entstand eine kurzweilige, flotte durchaus humorvolle Version des Stoffes, deren rechte nun bei Alan Curtis liegen.
Dass auch die Inszenierung an der Kammeroper ankommt, dafür soll die spritzig zeitlose Inszenierung von Francesco Micheli, das Bach Consort im Orchestergraben und eine Hand voll junger Sänger die dem „Jungen Ensemble Kammeroper“ angehören, sorgen. Bis 15. Oktober ist Semiramide zehnmal an der Wiener Kammeroper zu erleben.
Service
Kammeroper Wien- Semiramide