Bibelkommentar zu Matthäus 6, 19 - 23
Nichts scheint schwerer zu verstehen sein als die einfachen Worte Jesu aus der Bergpredigt des Matthäusevangeliums. Vielen sind sie seit ihrer Kindheit vertraut. Sammelt keine Schätze auf Erden, wohl aber im Himmel!
8. April 2017, 21:58
Die Aussage ist eindeutig und klar. Daran lässt sich nichts rütteln. Allein, so kann kein Mensch leben, es sei denn eine Mehrheit gewährt ihm wie einem besonderen Stand die Möglichkeit, ein Leben in Armut und Barmherzigkeit zu führen. Zu welchen fatalen Zweideutigkeiten eine solche Aufteilung der Worte Jesu führt, kann man an der Geschichte des Christentums ersehen. Nicht zu Unrecht haben die Reformatoren einen solchen besonderen Stand, der Gott näher sein soll als andere, aufgelöst. Die Worte Jesu gelten ausnahmslos für alle gleich. Wie sind aber dann die Worte aus der Bergpredigt von der Sammlung himmlischer Schätze und dem Verzicht auf irdische zu verstehen?
Jesus stellt zwei Lebensorientierungen schroff einander gegenüber, die Ausrichtung an der Welt und die an Gott. Das irdische Leben, seien seine Erfolge und Schätze auch noch so kostbar, sind in der Tat ebenso vergänglich wie das Leben eines jeden Menschen. Sie werden von Motten zerfressen, verrosten oder können von Dieben entwendet werden. Alles kann einem Menschen über Nacht genommen werden, so dass ihm lediglich das nackte Leben bleibt, und manchmal nicht einmal dies. In eine solche Lage möchte keiner kommen. Um sie zu verhindern trägt man Vorsorge und versucht, böse Überraschungen zu verhindern. Hierin liegt allerdings auch eine Gefahr. Der verständliche Versuch, sich gegen alles und jedes abzusichern, das eigene Leben sozusagen in ein sicheres Gleis zu bringen, bindet es und nimmt ihm seine Lebendigkeit. Die Sorge um das eigene Leben, so gewiss sie ein elementarer Bestandteil unseres Lebens ist, wird dann so dominant, dass sie ganz vereinnahmt und überwältigt. Man wollte sein Leben sichern und verliert es gerade dadurch.
Und die himmlischen Schätze? Auch wenn sie weder von den Motten zerfressen noch verrosten oder von Dieben entwendet werden können, so kann man sie doch allein im irdischen und vergänglichen Leben haben. „Wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz!“ Der himmlische Schatz in irdischen Gefäßen ist der Glaube. Er vertraut auf Gott und nicht auf irdische Sicherungen und Schätze. Freilich, die Sorgen des Lebens verschwinden im Glauben nicht, wohl aber werden sie in ein neues Licht gerückt. Sie erhalten die ihnen angemessene Stellung und Bedeutung. Unser Leben lässt sich niemals vollständig sichern. Es ist stets bedroht und kann scheitern. Das Motto des Glaubens lautet jedoch: „Unser tägliches Brot gibt uns heute“. So macht das Gottvertrauen frei von der blinden Bindung an die allzu menschlichen Dinge des Lebens und nimmt sie, wie sie kommen. Genau das halten wir uns an diesem Sonntag vor Augen, wenn wir das Erntedankfest begehen. Wir danken Gott für die Schätze des Ackers, eben weil sie vergänglich und nicht selbstverständlich sind.