Polen: Erster nicht-kommunistischer Premier tot

8. April 2017, 21:58

Walesa-Berater, UNO-Botschafter

Der Bürgerrechtler und katholische Publizist Tadeusz Mazowiecki war während der August-Streiks 1980 Berater des späteren Präsidenten Lech Walesa, von 1989 bis 1990 polnischer Ministerpräsident und später UNO-Sonderbotschafter für den Konflikt im ehemaligen Jugoslawien. Von diesem Amt trat Mazowiecki nach dem Massaker von Srebrenica zurück.

"Runder Tisch"-Erfinder

"Wir ziehen einen dicken Strich unter die Vergangenheit", sagte Tadeusz Mazowiecki bei seinem Amtsantritt im Jahr 1989. Alle willigen Bürger sollten am Umbau Polens mitarbeiten. Kritiker waren damit nicht einverstanden, weil dadurch viele Leute für ihre Verbrechen in der kommunistischen Zeit straffrei blieben. Der katholische Intellektuelle Mazowiecki gilt als Erfinder des sogenannten Runden Tisches, an dem die Opposition 1989 der sowjet-bestimmten kommunistischen Führung einen friedlichen Umsturz abrang.

Mazowiecki war seit den Streiks in der Danziger Werft 1980 ein enger Verbündeter des Arbeiterführers Lech Walesa, zerstritt sich aber 1990 mit ihm und verlor die erste Präsidentenwahl gegen ihn. Der politische und wirtschaftliche Umbau Polens gelang durch eine Schocktherapie, die zuerst viele Leute arbeitslos machte, aber dann in eine Phase starken Wachstums mündete.

UNO-Beauftragter im Jugoslawienkrieg

Mazowiecki wurde Sonderbeauftragter der UNO im Jugoslawienkrieg, wo die einzelnen Volksgruppen Gräueltaten gegeneinander begingen. Es gab Lager, in denen gefoltert und vergewaltigt wurde. Mazowiecki trat für Schutzzonen ein und beklagte, dass die Europäischen Staaten die Menschen aus den Lagern nicht bei sich aufnehmen wollten: "Das ist das Problem von 10.000 bis 15.000 Leuten. Und es wäre eine Schande für ganz Europa, wenn man diese Leute nicht heraus nimmt", sagte Mazowiecki bei einem Besuch in Wien. Heute früh verstarb er mit 86 Jahren.

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