Ägypten: Personenkult um al Sisi

Ein General zum Vernaschen - der Personenkult rund um den Oberbefehlshaber des ägyptischen Militärs, Abdel Fattah el Sisi, treibt bisweilen bizarre Blüten. In einem Botschaftsviertel in Kairo werden Schokoladen mit Sisi-Porträts verkauft.

Mittagsjournal, 2.11.2013

Liza Ulitzka

Ein General zum Vernaschen

Sisi als Praline, im Großformat auf einer Schokoladentafel, Sisi umgeben von einem Schokoladenzierrahmen und in Form eines süßen Personalausweises. Bahira Galal, Besitzerin der Kakao Lounge im Kairorer Botschaftsviertel Garden City, ist stolz auf ihr Sortiment. Abdel Fattah el Sisi, den Oberbefehlshaber des ägyptischen Militärs, gibt es hier in allen süßen Ausformungen. "Bei der Revolution vom 30. Juni wollte ich mich beteiligen, aber ich wusste nicht wie. Wir wollten Sisi sagen, wir sind auf deiner Seite, das war eine Revolution. Ich weiß, wie man Schokolade macht, deswegen beschloss ich, eine Schokolade zu machen mit seinem Bild, so als wäre ich am Tahrir-Platz mit einem Foto."

"Retter Ägyptens" als "Pharao"

Nach dem Sturz von Präsident Mohamed Mursi Anfang Juli und der blutigen Niederschlagung der Proteste der Mursi-Ahänger und der Muslimbruderschaft gilt Abdel Fattah al Sisi für viele Ägypter als Nationalheld. Er wird als Retter Ägyptens gefeiert, derjenige der das Land von der terroristischen Muslimbruderschaft befreit hat und alles wieder gerade gerückt hat im Land am Nil. Eine junge Frau erklärt, warum sie Sisi-Schokolade für ihre Großmutter einkauft: "Weil wir Sisi lieben. Und weil wir finden, dass er ein großartiger Führer ist. Wir brauchen jemanden wie ihn."

Ein junger Mann, der regelmäßig in die Kakao-Lounge kommt, um einen Kaffee zu trinken, sieht den Sisi-Kult kritisch: "Er ist kein Gott. Schokoladen für ihn zu machen und ihn zu essen und anzubeten, das ist wirklich dumm. Das passiert jedes Mal, mit jedem Präsidenten oder wem auch immer, wir machen ihn zum Pharao, zum Gott und dann beschweren wir uns über ihn."

Keine neue Militärdiktatur?

Diese beiden Ansichten zeigen die Polarisierung, die Ägypten im Moment durchlebt. Ein Großteil der Bevölkerung steht hinter dem Militär und seinen Aktionen. Eine andere Größe sind die Muslimbruderschaft und ihre Anhänger, die dagegen ankämpfen. Dazwischen steht nur eine kleine neutrale Minderheit. Der Personenkult um General Sisi geht soweit, dass eine Kampagne gerade Unterschriften sammelt, um ihn dazu zu bringen als Präsident zu kandidieren. Aber eine Militärdiktatur, wie Ägypten sie 30 Jahre lang hatte, werden wir dennoch nicht erleben, meint der Herausgeber und politische Beobachter Hisham Kassem: "Als die Menschen im Jänner 2011 auf die Straßen gingen und Brot, Freiheit und menschliche Würde forderten, dann meinten sie das auch. Ich weiß dass es den Leuten ernst ist, denn zweimal in weniger als drei Jahren haben wir soziale Revolten ohne irgendeinen Führer gesehen. Wenn irgendwer glaubt, er kann das Land wieder unterdrücken, militärisch oder auf andere Weise, wird er es mit einer neuen Rebellion zu tun bekommen."

Kakao-Lounge Besitzerin Bahira Galal kann sich auf jeden Fall niemand besseren als General Sisi als Präsident vorstellen. Und bis zur nächsten Wahl in Ägypten werden wohl auch noch einige Sisi-Schokoladen über den Ladentisch gehen.