Brezinschek: "Niedrigzins wie Vermögenssteuer"

War die Entscheidung der Europäischen Zentralbank (EZB), die Leitzinsen weiter zu senken, richtig oder falsch? Nicht einmal EZB-intern war man einig, und auch der Chefanalyst von Raiffeisen International, Peter Brezinschek, hat keine eindeutige Antwort. Er sieht vor allem einen Überraschungseffekt - und eine Art "Vermögenssteuer" zu Lasten der Sparer.

Morgenjournal, 8.11.2013

Der Chefanalyst von Raiffeisen International, Peter Brezinschek, im Gespräch mit Wolfgang Wittmann.

Umverteilung zu größeren Vermögen

Die EZB sei unzufrieden gewesen mit dem stark gestiegenen Euro und habe so den Kurs drücken wollen, so Brezinschek. Aber auch für ihn ist es zweifelhaft, ob die Zinssenkung zu einer Erleichterung auf der Kreditseite führt. Denn dafür seien andere Faktoren maßgeblicher wie die verschlechterte Bonität vieler südeuropäischer Firmen und die verschärften Kreditvorschriften für die dortigen Banken.

Indirekt ortet der Analyst eine "Umverteilung" von den kleineren Vermögen zu den größeren, "die in höherwertigen und riskanteren Anlagen tätig sind". Den Vorwurf, dass es damit eher zu einem Auftrieb der Finanzmarktpreise als zu einer Belebung der Realwirtschaft komme, könne man auf dem Kapitalmarkt nachvollziehen.

Sparer zahlen den Preis

Grundsätzlich ist für Brezinschek klar, dass eine Zinspolitik, die unter der Inflationsrate liegt, den verschuldeten Staaten, Unternehmen oder auch Privatpersonen entgegenkommen soll. "Den Preis dafür zahlen die Sparer. Das ist wie eine sehr effektive Vermögenssteuer." Damit werde den Verschuldeten Zeit geschaffen, bis ihnen ein Konjunkturaufschwung die Schuldenrückzahlung erleichtert.

Niedrige Zinsen allein würden jedenfalls nichts bewirken, das zeige die Entwicklung in Japan, die als Warnsignal dienen könne, so Brezinschek.