Russlands Wirtschaft lahmt

Düstere Aussichten gibt es für die russische Wirtschaft. Die Regierung hat ihre langfristigen Wachstumsprognosen drastisch nach unten revidiert: Sie rechnet bis 2030 mit einem durchschnittlichen Wachstum von nur noch 2,5 Prozent, bisher ging sie von mehr als vier Prozent aus.

Morgenjournal, 9.11.2013

Aus Russland berichtet ORF-Korrespondentin

Abhängiger denn je vom Ölpreis

Schon seit Monaten schrumpft das Wirtschaftswachstum in Russland, doch so deutlich hat es Wirtschaftsminister Alexej Uljukaew noch nie ausgesprochen: Nur mehr durchschnittlich 2,5 Prozent werde die russische Wirtschaft in den nächsten zwei Jahrzehnten wachsen, langsamer als der internationale Durchschnitt und nur mehr halb so viel, wie Präsident Wladimir Putin vor Beginn seiner dritten Amtszeit versprochen hat. "Einer der Hauptgründe für das geringe Wachstum ist die schwache Konjunktur der Weltwirtschaft", sagt dazu Regierungschef Dmitri Medwedew. Darunter leide Russland als Exportland besonders stark.

Der Rohstoffproduzent Russland ist abhängiger als je vom Ölpreis, doch dieser stagniert. Die Regierung rechnet bis 2030 mit einem Ölpreis von real 90 bis 110 Dollar je Fass, das ist so viel wie heute.

Korruption schreckt Investoren ab

Doch nicht nur das internationale Umfeld bremse Russlands Wirtschaft, sondern auch fehlende Investitionen. Das habe hausgemachte Gründe, betont der Ökonom Sergej Alexaschenko: "Keiner traut den öffentlichen Institutionen und dem Rechts- und Justizsystem, deshalb will niemand in Russland investieren. Das Kapital fließt ins Ausland ab. Das sind aber keine wirtschaftlichen Probleme und können auch nicht mit wirtschaftlichen Instrumenten gelöst werden."

Die grassierende Korruption schreckt Unternehmer ab, ebenso dass sich der Staat übermäßig in die Wirtschaft einmischt. Doch die Regierung glaube, das Wachstum allein durch die Erhöhung der Staatsausgaben ankurbeln zu können, kritisiert der Ökonom Wjatscheslaw Inosemzew: "Die Regierung investiert Riesensummen in Großprojekte wie die Olympischen Spiele in Sotschi. Aber das Geld wird von korrupte Menschen gestohlen und nicht investiert. Es ist reine Verschwendung von Staatsbudget, das noch dazu zum Teil ins Ausland fließt und nicht der russischen Wirtschaft zugutekommt."

Keine sozialen Unruhen befürchtet

Um das Wachstum anzukurbeln, braucht Russland ein besseres Geschäftsklima, das Innovation und Investitionen fördert. Doch Präsident Putin werde solche Reformen kaum zulassen, meint Ökonom Alexaschenko: "Der Schutz des Eigentums basiert auf Rechtssicherheit und unabhängigen Gerichten. Dies wiederum ist die Grundlage von politischem Wettbewerb. Dieser ist der kürzeste Weg für Putin, seine Macht zu verlieren. Das will er aber nicht."

Soziale Unruhen befürchten Ökonomen politische Beobachter übrigens trotz der düsteren Wachstumsaussichten in nächster Zukunft nicht, zumindest solange der Ölpreis nicht drastisch sinkt. Präsident Putins Versprechen, Russland bis Ende des Jahrzehnts zu einer der fünf größten Wirtschaftsmächte der Welt zu machen, dürfte jedoch ein leeres bleiben.