Polanskis "Venus im Pelz"
Vor zwei Jahren hatte das Theaterstück "Venus im Pelz" von David Ives am New Yorker Broadway Premiere - eine Bearbeitung des Literaturklassikers von Leopold von Sacher-Masoch aus dem Jahr 1870. Nun hat der polnische Regisseur Roman Polanski das Stück für die Kinoleinwand interpretiert.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 18.11.2013
Am Anfang ist sie noch eine Bittstellerin, will eine Rolle im neuen Theaterstück des Autors und Regisseurs (Matthieu Amalric). Der gibt sich genervt und will nach Hause. Doch Wanda (Emmanuelle Seigner) - so heißt die Frau - ist hartnäckig und schon bald fügt sie sich derart gut in die Rolle der Bühnenfigur Wanda, dass der Regisseur verzückt ist. Rasch verändern sich die Machtverhältnisse.
Spiel mit unterschiedlichen Ebenen
Stärke und Schwäche, Herrin und Sklave, Beherrschen und Unterwerfung, das sind auch die Stützpfeiler des geprobten Stücks, basierend auf der Novelle "Venus im Pelz" von Leopold von Sacher-Masoch. Roman Polanski inszeniert den Stoff wie zwei gegenüber aufgestellte Spiegel, als permanente und lustvolle Durchdringung unterschiedlicher Ebenen, zwischen Fiktion und Realität, zwischen Theatertext und Wirklichkeit, zwischen den Rollen der beiden Akteure, die sie auf der Bühne und im wirklichen Leben spielen.
Weltliteratur oder Sado-Maso-Porno?
Was wie im Text verhandelt wird, markiert im selben Moment die Beziehungsdynamik zwischen Regisseur und Schauspielerin, Interpretationsunterschiede inklusive, denn während sie findet, das wäre doch ein Sado-Maso-Porno-Stück, beharrt er darauf, es handle sich um eine wunderbare Liebesgeschichte und sowieso Weltliteratur.
Es gäbe da ein gewisses Machoelement in seinem Film, das in Stücke gerissen werde, meint Roman Polanski. Und so, als wollte er das Spiel der Ebenen jenseits des Kinos noch fortsetzen, beteuert Polanski, selbst natürlich nicht so zu sein, wie der Regisseur in seinem Film.
Das wahre Ich
Die erfrischend triviale Unbedarftheit und vermeintliche Respektlosigkeit der jungen Frau ist aber genauso nur eine Maske wie die nobel vorgetragene Erhabenheit des Regisseurs. Von wegen Weltliteratur und wunderbare Liebesgeschichte. Nach und nach werden jene Schichten abgetragen, unter denen sich das wahre Ich des Regisseurs offenbart. Da platzt ihm schon mal der Kragen: "Saublöde Schauspielerin" und "Dumme Kuh!", kann er sich nicht mehr zurückhalten.
Raffinierte Therapiestunde
Da liegt sie also, die sensible Künstlerseele, aufgelöst in allzu menschlichen Regungen, blank geputzt von den eigenen Leidenschaften im Geschlechterkampf. Der Regisseur ist gezähmt. Man kann das schon ahnen, denn immerhin ist Wanda im Lederkorsett zum Vorsprechen gekommen. Polanskis "Venus im Pelz" ist wie eine raffinierte Therapiestunde, vielleicht unerquicklich (oder doch heilsam?) für den Regisseur, für den Kinozuseher aber in jedem Fall höchst vergnüglich.