Bechtold- und Burden-Ausstellung in Wien

Die Wiener Galerie Krinzinger zeigt Arbeiten des US-amerikanischen Künstlers Chris Burden, der mit seiner aktuellen Ausstellung im New Yorker New Museum international für Begeisterung sorgt. Außerdem ist eine neue Arbeit des Vorarlberger Künstlers Gottfried Bechtold zu sehen.

Kulturjournal, 20.11.2013

Die mobile Skulptur

Es ist ein Fetisch der modernen Massenkonsumgesellschaft und Inbegriff des dreifaltigen Glücksversprechens: Freiheit, Individualität und Mobilität. Es ist ein Wirtschaftsmotor und ein Umweltproblem: das Automobil. Das Auto, das kann man ohne Übertreibung sagen, hat unseren Alltag, ja die Gesellschaft als solche mehr verändert als jede andere Erfindung. Für den Vorarlberger Künstler Gottfried Bechtold ein Grund, das Auto zu einem Leitmotiv seiner künstlerischen Arbeit zu machen. "In Deutschland hängt jeder dritte Arbeitsplatz von der Automobilindustrie ab. Wenn Sie in drei- bis vierhundert Jahren die Zeit von 1870 bis 2050 betrachten, dann wird man nicht vom Computer- oder Elektronikzeitalter sprechen, sondern vom Autozeitalter sprechen", sagt Gottfried Bechtold.

Seit den 1970er Jahren setzt sich der Vorarlberger Künstler Gottfried Bechtold mit dem Automobil auseinander. Ein Schlüsselwerk des Künstlers ist etwa der 1971 entstandene Betonporsche, ein in Beton gegossener Porsche 911. "Ich habe ein bewegliches Objekt zum Stillstand gebracht. Ich habe dieses mobile Objekt beschwert und in ein stabiles Bauwerk verwandelt", sagt Gottfried Bechtold über seinen Betonporsche.

Porsche

Ein Porsche als Kunstobjekt

(c) Krinzinger

Die Erweiterung des Skulpturbegriffs

Als Künstler arbeitet sich Bechtold, der aus einer Steinmetzfamilie stammt, an der Erweiterung des traditionellen Skulpturbegriffs ab. Bechtolds zentrale Frage: Was ist eine Skulptur und was kann man zur Skulptur machen? Gestern Abend präsentierte Gottfried Bechtold im Palais Coburg, wohin die Galerie Krinzinger ausgewichen ist, sein neuestes Porscheprojekt. Bechtold hat einen Hybrid zwischen Auto und Skulptur geschaffen. Seine Arbeit besteht aus einem echten Porsche des Serientyps Panamera Turbo, dessen Fenster und Scheiben aus dem klassischen Bildhauermaterial Bronze gegossen sind. Wer sich in das Fahrzeug setzt, sieht folglich nichts. Mit der Außenwelt tritt man über Videobildschirmen im Inneren des Wagens in Kontakt, Videokameras zeichnen die Fahrumgebung auf. Trotz undurchsichtiger Scheiben taugt die Panamera-Skulptur auch als fahrbarer Untersatz – vorausgesetzt man hat eine polizeiliche Genehmigung.

"Mich hat die hybride Natur dieses Objekts interessiert. Es ist ein Objekt, mit dem man fahren kann. Eine Skulptur mit 500 PS, oder ein Auto, das gleichzeitig ein Kunstwerk ist", sagt Gottfried Bechtold.

Neben Gottfried Bechtold zeigt die Galerie Studien und Skizzen zu Chris Burdens bekannter kinetischer Skulptur "Metropolis II", die im Los Angeles County Museum zu sehen ist. Chris Burden gehört nicht erst seit seiner großen Schau im New Yorker New Museum, die dieser Tage zu sehen ist, zu den ganz Großen der US-amerikanischen Kunst.

Das Modell einer Megacity

Begonnen hat der 1946 geborene Chris Burden im Umfeld der Body-Art. Bis an die Grenzen der Belastbarkeit machte der Künstler den eigenen Körper zu seinem Material. Für die Arbeit "Shoot" (1971) ließ sich der junge Burden etwa in den Oberarm schießen. Früh beschäftigte ihn aber auch die Schnittfläche von Kunst und Technik.

Die in der Galerie Krinzinger ausgestellte Arbeit "Metropolis II" ist eine Auseinandersetzung mit den Megacitys der Zukunft. Burden hat ein verwinkeltes Stadt- und Verkehrsmodell gebaut, als Baumaterial hat er teilweise Kinderspielzeug verwendet. Chris Burden, der bei der gestrigen Eröffnung nicht anwesend war, ist ein Publikumsmagnet. Gestern Abend war der Andrang so groß, dass die Räumlichkeiten der Galerie Krinzinger schier aus allen Nähten platzten. Wem es gestern zu überfüllt war: In aller Ruhe kann man sich die Arbeiten von Gottfried Bechtold und Chris Burden noch bis 11. Jänner 2014 anschauen.