Jahrhundertmythos JFK
John F. Kennedy ist eine Legende, eine Faszination, ein Mythos. Über keinen Präsidenten sind derart viele Bücher geschrieben, derart viele Dokumentationen und Filme gedreht worden. "JFK", wie er in den USA genannt wird, ruft auch 50 Jahre nach seinem Tod Emotionen hervor. Der 22. November 1963 hat das Land jedenfalls traumatisiert.
27. April 2017, 15:40
Mittagsjournal, 22.11.2013
Eine Nation ist schockiert
"Präsident Kennedy ist gestorben.” Ein Satz der um die Welt geht. Und die USA bis ins Mark erschüttert. Es gibt wenige Amerikaner, die 1963 schon auf der Welt waren, die nicht mehr wissen, wo sie waren, als sie diese Nachricht erreichte: "Ich war damals auf der Uni, erinnert sich der 79jährige Eugene. Es war ein unglaublicher Schock. Für meine Generation war Kennedy jemand, in den wir Vertrauen hatten, ein Hoffnungsträger für dieses Land. Als er starb, waren wir am Boden zerstört, es war ein Schlag ins Gesicht für unsere Generation."
"Kennedy war jung, lebhaft, ein Star im Zentrum der Öffentlichkeit", beschreibt ihn die 54-jährige Sally. "Ich war zu klein, um mich an ihn zu erinnern, aber ich werde nie vergessen, wie meine Eltern auf seinen Tod reagiert haben, sie sind gebannt vorm Fernseher gesessen, so wie der Rest von Amerika."
Land im Umbruch
Bis heute strahlt die Lichtgestalt Kennedy – mit ihm wollen Präsidenten wie Barack Obama oder Bill Clinton verglichen werden. Der jugendliche Präsident, der Frauenliebling, der Held, der für sein Land stirbt wie ein Soldat – so ist er den Amerikanern in Erinnerung geblieben. Dabei gehe es ihnen jedoch mehr um den Menschen Kennedy als um den Politiker, sagt Carrie Christofferson, Direktorin der Kennedy-Ausstellung im Nachrichtenmuseum in Washington DC: "Er war ein Präsident mit Potenzial, auch deshalb, weil er in einer Zeit Präsident war, die Potenzial hatte. Die Welt stand in den frühen Sechziger vor großen Veränderungen, da gab es die Bürgerrechtsbewegung, den Wettlauf um die Mondlandung. Kennedy repräsentiert dieses Land im Umbruch."
Kennedy, der Meisterpolitiker
Auch Kennedy ist ein Außenseiter. Zwar ein privilegierter aus reichem Hause, aber das Weiße Haus scheint zunächst trotzdem unerreichbar. Er ist der Junge unter grauhaarigen Politik-Honoratioren, der Katholik mit irischen Wurzeln im protestantisch dominierten Amerika. Doch Kennedy schafft es trotzdem – mit Geld und mit Charisma, sagt der Historiker Alan Lichtman von der American University in Washington: "Kennedy war ein Meisterpolitiker. Er war sicher einer der größten Rhetoriker, die wir jemals hatten . Er konnte die Menschen fesseln und sie inspirieren. Er war ein fähiger Mann, und er lernte schnell. Aus seinem großen Fehler, dem militärischen Desaster in der Schweinebucht in Kuba zog er seine Lehren und bekam die Kubakrise so gut hinbekommen, wie kein anderer. Er war ein Präsident der keine Angst vor Veränderungen hatte."
"Gewaltiges Erbe"
Für die Amerikaner ist JFK also der Strahlemann – der kritischere Blick auf tatsächliche Leistungen ist dabei nicht erwünscht. Misst man seinen politischen Erfolg an implementierten Gesetzen während seiner Amtszeit, sticht Kennedy nicht unbedingt als Held hervor. Vielmehr hat die meisten Beschlüsse, die heute ihm zugeschrieben werden, sein Nachfolger Lyndon B. Johnson durchgesetzt. Der Historiker Alan Lichtman von der American University in Washington sieht das anders: "Obwohl er vieles, was er begonnen hatte, nicht mehr fertig stellen konnte, hat er ein gewaltiges Erbe hinterlassen. Er war der erste Präsident, der die Rassentrennung für unmoralisch erklärte und Reformen der Bürgerrechte einleitete, er begann mit Verbesserungen des Sozialsystems. Und er sorgte für eine Umkehr im Kalten Krieg, nach der Kubakrise bemühte er sich um Frieden mit der Sowjetunion, und er unterzeichnete eines der wichtigsten Abkommen der Welt: den Vertrag über den Atomteststopp."
Eines ist sicher: John F. Kennedy ist und bleibt der Liebling der Amerikaner, dafür braucht es keine kühlen, messbaren Bilanzen. Er versetzt die Amerikaner in Begeisterung - damals vor 50 Jahren und heute Er ist ein Mythos – und dafür gibt es eben kein Rezept.