Warnung vor Schmerzmittel Diclofenac
Eine Verordnung der Obersten Arzneimittelbehörde der EU lässt aufhorchen: Der auch in Österreich gängigste verschreibungspflichte Wirkstoff Diclofenac kann, wenn er zu lange und zu hoch dosiert verschrieben wird, in seltenen Fällen zu schweren Nebenwirkungen bis hin zum Tod führen. Ein Umdenken in der Schmerztherapie ist gefragt.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 22.11.2013
Erhöhtes Komplikationsrisiko
Ende Oktober ergeht - in Folge der Warnung auf europäischer Ebene - ein Schreiben des Österreichischen Bundesamtes für Sicherheit im Gesundheitswesen an die heimischen Spitäler, Ärzte- und Apothekerkammer. Darin steht: "Der Nutzen von Diclofenac überwiegt die Risiken. Allerdings weisen die derzeit verfügbaren Daten darauf hin, dass die Therapie mit Diclofenac mit einem erhöhten Risiko arterieller thrombotischer Ereignisse, wie einer erhöhten Herzschwäche und einem erhöhten Herzinfarktrisiko assoziiert ist." Konkret heißt das: die Substanz Diclofenac - die in rund 80 in Österreich erhältlichen Schmerzpräparaten enthalten ist, etwa in Voltaren oder Deflamat - kann zu schweren Komplikationen durch eine Verdickung des Blutes führen. Und zwar im Verhältnis 1000 zu 3, also bei drei von tausend mit Diclofenac behandelten Patienten treten schwere Nebenwirkungen auf.
Bei gesunden, fitten Menschen könne Diclofenac weiterhin gefahrlos verschrieben werden, bei Risikopatienten aber nicht mehr, sagt der Grazer Schmerzspezialist Andreas Sandner-Kiesling: "Wenn ich einen Patienten habe, der übergewichtig ist, eventuell zuckerkrank ist, einen erhöhten Blutdruck hat, dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass er eine schwere Nebenwirkung erleidet schon einmal gegeben. Wenn jemand eine bestehende Herzinsuffizienz hat, eine bestehende Verkalkung irgendeines Gefäßes im Körper und damit Probleme hat, dann um Himmels Willen - bitte Finger weg von diesem Medikament!"
Aus für Dauertherapie
In der Schmerztherapie muss also umgedacht werden, bestätigt auch Christoph Baumgärtel von der österreichischen Arzneimittelbehörde. Zurzeit würden die Fach- und Gebrauchsinformationen für Ärzte, wie auch die Beipacktexte für Patienten umgeschrieben. Neu und wichtig sei, "dass diese Arzneimittel immer grundsätzlich jetzt nur mehr in der geringsten möglichen Dosis, die halt noch wirksam ist, gegeben werden. Und das nur für den kürzest möglichen Zeitpunkt. Also diese Dauertherapien, wo man früher also Patienten teilweise - wenn sie halt chronische Schmerz-Patienten waren - vielleicht Monate lang, vielleicht auch Jahre lang mit Diclofenac behandelt haben, das sollte mit diesen neuen Textänderungen, Hinweisen, Vorsichtsmaßnahmen an und für sich der Vergangenheit angehören. Und das ist natürlich schon etwas - da müssen die Ärzte die Information bekommen und informiert werden. Insofern ist es nicht schlecht, dass diese Aussendung natürlich an die Ärzteschaft gegangen ist und dort auch ein bisschen - ich sag' jetzt mal - zu Unruhe geführt hat; wobei Unruhe nicht gut ist, aber Unruhe ist ein Zeichen dafür, dass diese Botschaft zumindest angenommen und gelesen worden ist." Das müsse dazu führen, so Baumgärtel, dass Ärzte und Ärztinnen in Zukunft Diclofenac tatsächlich anders anwenden als sie es bis jetzt gemacht haben.