Misstöne bei Koalitionsverhandlungen

Eigentlich wollten SPÖ und ÖVP ja Stillschweigen über die Regierungsverhandlungen bewahren und allenfalls im Duett der beiden Parteispitzen über Fortschritte berichten. Jetzt aber scheint der Damm gebrochen und man spricht getrennt und in aller Öffentlichkeit von- und übereinander, vor allem was die Differenzen zum Thema Sparen betrifft.

Morgenjournal, 26.11.2013

Sparpaket oder nicht

Der Schlagabtausch geht weiter: Ein Sparpaket sei nicht nötig, sagte Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) am Wochenende, woraufhin ÖVP-Verhandler Reinhold Lopatka formulierte, ohne spürbare Einsparungen werde die ÖVP keinen Koalitionsvertrag abschließen. Was wiederum Faymann beim soeben eröffneten Gewerkschaftstag pro-Ge, herzlich unbeeindruckt ließ. Der Kanzler zu den Gewerkschaftern: "In unserer Kassa im Staatshaushalt fehlt gar nichts. Die letzten vier Jahre haben wir die Beschlüsse, die das Parlament gefasst hat, so eingehalten, dass wir auch heuer wieder besser als die uns gegebenen Ziele sein werden."

"Zynismus" um Frauenpensionsalter

Woraufhin wiederum ÖVP-Chef Michael Spindelegger für die heutige Ausgabe des Kurier zu Protokoll gibt: Die großen Brocken müssen jetzt angegangen werde, sonst gehe ich in keine Koalition. Und Vizekanzler Spindelegger gegenüber dem Morgenjournal: "Ich hänge jetzt nicht an dem Wort Sparpaket. Das mag jeder so interpretieren, wie er will. Wichtig ist, dass wir bei Pensionen, der Bürokratie, den Förderungen Maßnahmen der Sparsamkeit setzen, und dass wir eben beim Pensionsantrittsalter wirklich einen Sprung nach oben machen. Sonst haben wir dauerhaft keine soliden Staatsfinanzen."

Für die SPÖ gilt das als Forderung nach baldiger Anhebung des Frauenpensionsalters - und damit äußerst uncharmant. Dazu Werner Faymann, abermals vor den vor den Gewerkschaftern: "Wenn jetzt schon Frauen mit 55 auf dem Arbeitsmarkt, in den Berufen, in denen sie sind, keine Arbeit finden, und die Hälfte bereits von der Arbeitslosigkeit oder Krankenstand in die Pension geht, dann werden wir diesen Frauen nicht ausrichten, sie sollen länger als bis 60 arbeiten, wenn es diese Arbeitsplätze gar nicht gibt. Für Zynismus haben wir nichts über. Das gilt vor der Wahl und nach einer Wahl."

"Natürlich spürt man was"

Einsparungen, ohne dass sie der Bürger spürt, will SP-Chef Faymann - und spricht von Einsparungen in der Verwaltung, zum Beispiel durch zentrales Beschaffungswesen beim Bund, also durch Großeinkauf und zugehörige Rabatte. Kürzen will Faymann auch bei Ermessensausgaben wie zum Beispiel Doppelförderungen, unter Zuhilfenahme der Transparenzdatenbank. Spindelegger ist das alles aber zu wenig: "Alle bürokratischen Maßnahmen selbstverständlich. Das müssen wir bis zum Letzten so ausnützen, dass vielleicht auch ein Bürger nichts davon spürt. Aber machen wir uns nichts vor: Bei vielen Maßnahmen spürt man natürlich auch etwas."

"Hart aber nicht stillos"

In der ÖVP bewertet man jedenfalls nach eigener Aussage die Chancen auf eine Wiederauflage von Rot-Schwarz mit 50:50. Faymann zeigt sich unterdessen eher sonnigen Gemüts: "Ich bin überzeugt, bei gutem Willen einigen wir uns vor Weihnachten. Und bis dahin wird's schon noch ein paar Mal ganz hart werden, und zwar hart im Argument. Deshalb muss es ja nicht stillos werden."