Israels Probleme mit den Beduinen

Die Beduinen in Südisrael sind eine Minderheit am Rande der Gesellschaft. Sie leben einerseits in Rückständigkeit und Armut, andrerseits sind sie stolz auf ihr kulturelles Erbe und wollen es bewahren. Jetzt sind sie besorgt wegen eines Plans der israelischen Regierung.

Morgenjournal, 3.12.2013

Proteste der Beduinen

Es ist ein Problem, das der Staat Israel von jeher mit sich mitschleppt – aber der Versuch, es einmal für immer zu lösen, scheint es vorläufig noch weiter zu verschärfen. Am Wochenende wurden an mehreren Punkten im Land turbulente Proteste von Beduinen organisiert, man sah fliegende Steine und Wasserwerfer, Demonstranten und Polizisten wurden verletzt. Der Auslöser war ein Plan, der nun zu einem Gesetz werden soll – aus der Sicht der israelischen Regierung stellt es ein faires Angebot und den einzig möglichen Ausweg dar, aus der Sicht vieler Beduinen läuft es auf Vertreibung und Diskriminierung hinaus.

Rund 200.000 Beduinen leben als Staatsbürger in Israel, der Großteil im Süden in der Negev-Wüste. Dass fast alle von ihnen in Dörfern sesshaft sind, scheint ein Widerspruch in sich zu sein, aber das traditionelle Nomadendasein ist eben schon fast aufgegeben, während andrerseits die besondere Lebensart doch noch teilweise erhalten ist – man zieht etwa immer noch Schafe, Ziegen und Kamele auf und fühlt sich einem bestimmten Beduinenstamm zugehörig.

Behörden gegen "wilde Dörfer"

Doch was vielleicht immer schon als Stammesterritorium galt, ist nicht immer im Grundbuch eingetragen. Etwa die Hälfte der rund 70 Beduinenansiedlungen sind aus Sicht der israelischen Behörden "wilde Dörfer"“ ohne Baugenehmigung – sie wurden daher nicht an Strom und Fließwasser angeschlossen, es gibt sehr hohe Geburtenraten, viel Kriminalität, große Armut. Damit verknüpft ist die grundsätzliche Frage, ob althergebrachte Traditionen, die nach westlichen Maßstäben zu Rückständigkeit und Elend führen, im modernen Verwaltungsstaat fortbestehen können. Akel Abu Farech, der in einem der umstrittenen Dörfer lebt, will keine Zwangsbeglückung: "Wir sind keine Indianer. Lasst uns so leben, wie wir sind, und versucht nicht, uns unser Kulturerbe und den Boden wegzunehmen und auch das Recht, nein zu sagen."

Wohnungen für 35.000

Dieses Nein gilt eben dem Plan, den die Regierung jetzt vorantreibt. Allgemein sollen die Besitzverhältnisse geregelt und die Infrastruktur ausgebaut werden. Ein Teil der umstrittenen Dörfer soll anerkannt werden, die anderen sollen aber abgerissen werden, und ihre Bewohner, rund 35.000 Beduinen, sollen Wohnungen in der Region bekommen. Wer Grundbesitz nachweisen kann, soll durch Geld oder andere Grundstücke entschädigt werden. Der Widerstand gegen den Plan käme bloß von einigen Hitzköpfen, sagt der Regierungsbeauftragte Doron Almog: "Die Mehrheit der Beduinen will eine Änderung, will Fortschritt, Beschäftigung, besseren Unterricht für die Kinder – viele Beduinen sind eingebunden, wir haben schon Abmachungen im Gelände."

Die Einwände der Gegner: Man können nicht Zehntausende aus ihren jetzigen Wohnorten drängen, und die finanzielle Entschädigung sei zu gering, verglichen mit Geldern, die jüdische Bürger bei Enteignungen erhalten würden. Über einen Zeitraum von fünf Jahren soll der Plan nun schrittweise umgesetzt werden – was nur gelingen kann, wenn die Beduinen auch mitspielen.

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