Arafat doch nicht radioaktiv vergiftet

Vor einem Jahr wurde auf Bestreben der Witwe der Leichnam von Palästinenserführer Arafat in Rammalah exhumiert. Seither arbeiteten drei internationale Expertenteams an der Auswertung von Proben. Gestern wurde nun auch das Ergebnis der französischen Wissenschaftler bekannt, die mit dem Fall befasst waren. Sie kamen zu dem Schluss, dass Arafat nicht vergiftet wurde - zumindest nicht mit Polonium.

Morgenjournal, 4.12.2013

Widerspruch zu Schweizer Ergebnis

Yasser Arafat ist nicht mit der hochgiftigen, radioaktiven Substanz Polonium 210 vergiftet worden, sondern vielmehr an einem schweren Infekt und an Altersschwäche gestorben – so hieß es aus Ermittlerkreisen im Umfeld des Untersuchungsrichters in der Pariser Vorstadt Nanterre , wo Arafats Witwe Souha Anfang 2012 Anzeige wegen Mordes gegen Unbekannt erstattet hatte. Ihr Anwalt und die Staatsanwaltschaft von Nanterre wollten diese Informationen allerdings nicht kommentieren .

Mit diesen Schlussfolgerungen kämen die französischen Experten, wie vor Wochen schon eine russische Gruppe von Wissenschaftlern, jedoch zu einem diametral entgegengesetzten Ergebnis ihrer Schweizer Kollegen aus Lausanne , die vor vier Wochen bekannt gegeben hatten, in den rund 20 Proben aus Arafats sterblichen Überresten 16 bis 30 Mal höhere Polonium Werte als üblich gefunden zu haben, was eine Vergiftung durch den radioaktiven Stoff - mit dem 2006 der ehemalige russische Spion Litwinenko in London ermordet worden war , "nachvollziehbar stütze" und darauf hindeute, dass ihm Gift von Außen zugeführt worden sei. Allerdings fehlten die letzten Beweise dafür, dass das Polonium die Todesursache gewesen sei.

"Symptome passten nicht"

Auch der französische Medizinprofessor, Marcel Francis Kahn, der Arafat persönlich gekannt hatte und auch seine Krankenakte im Militärhospital Percy kenn , hält eine Vergiftung durch Polonium für unwahrscheinlich: "Die Symptome, die er während seines gesamten Aufenthalts im Spital aufwies, passten überhaupt nicht zu einer Vergiftung durch Polonium. Was Polonium anrichtet, wissen wir von Litwinenko in London, er hatte alle Haare und alle weißen Blutkörperchen verloren. Bei Arafat war das überhaupt nicht der Fall."

Doch vergiftet?

Allerdings glaubt Professor Kahn mitnichten an die jetzt von den Experten vorgetragene These eines natürlichen Todes: "Angesichts dessen, was ich gesehen habe, bin ich von einer Vergiftung überzeugt - allerdings nicht durch Plutonium.

Der Professor verweist darauf, dass es in der Nähe von Tel Aviv ein auf Toxine spezialisiertes Institut gibt, das sich ganz besonders mit Pilzgiften befasst: "Es gibt eine Reihe von tödlichen Pilzen unter denen einige exakt dieselben Folgen haben – eine zwei bis dreiwöchige Agonie – wie das bei Arafat im Spital von Percy der Fallk war."

Das Rätselraten über die tatsächliche Todesursache von Yasser Arafat dürfte also auch neun Jahre nach seinem Ableben noch eine geraume Zeit weiter gehen.

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