Warnung vor Mafia-Anschlägen

Italiens Innenminister Angelino Alfano hat gestern die Nation aufgeschreckt: Es bestehe die Gefahr einer neuen Serie von Anschlägen der Mafia. Nach Jahren der Ruhe könnten die Bosse wieder planen, ihre Gewalt gegen den Staat zu richten, so Alfano. Fakt ist: Die Antimafia-Anwälte in Sizilien sind seit einiger Zeit neuen Einschüchterungen und Drohungen ausgesetzt.

Mittagsjournal, 4.12.2013

Bedrohte Ermittler

"La strategia stragista" - die Strategie der Anschläge - dieses Stichwort weckt in Italien hässliche Erinnerungen an die späten achtziger und frühen neunziger Jahre, als die sizilianische Mafia "Cosa Nostra" mit einer Serie verheerender Anschläge gegen Politiker und öffentliche Einrichtungen das Land terrorisiert hat. Von einem Gipfeltreffen mit Staatsanwaltschaft und Polizei in Palermo nach Rom zurückgekehrt, versetzte Alfano gestern Abend das Land in Alarm: "Es ist herausgekommen - ich kann hier im Fernsehen nicht die Details enthüllen, dass die Mafia versucht sein könnte, erneut eine Anschlagsserie zu eröffnen."

Deshalb sei er mit dem gesamten nationalen Sicherheitsrat nach Palermo gereist, um den Antimafia-Ermittlern zu versichern: "Wir stehen auf ihrer Seite. Und jede Bedrohung ihrer Sicherheit, jedes Trachten nach ihrem Leben, ist ein Anschlag auf den Staat, der mit aller Härte und all seinen Mitteln reagieren wird, um stets daran zu erinnern, dass der Staat stärker ist."

Alfanos Auftritt hat zum Einen einen Grund, der ihn selbst betrifft. Der einstige Kornprinz Berlusconis und ist jetzt Chef der abtrünnigen Rumpfpartei aus Berlusconis PDL. Er ist in der Regierung verblieben und muss sich und seine Partei bei den konservativen Wählern profilieren. Alfano legt aber auch eine extrem angespannte Situation der palermitanischen Anti-Mafia-Ermittler auf den Tisch. Sie ermitteln seit Jahren neue Hintergründe der tödlichen Attentate gegen die Antimafia-Ermittler Giovanni Falcone und Paolo Borsellino vor 21 Jahren.

Explosives Stochern

Unter dem Stichwort "Trattative Stato-Mafia" geht es um brisante Ermittlungen: nämlich um mögliche heimliche Abkommen zwischen dem Staat und der Mafia. Giovanni Falcone und Paolo Borsellino haben Ende der achtziger Jahre hart gegen die Mafia durchgegriffen, an die tausend Mafiosi waren angeklagt, Bosse kamen in scharfe Einzelhaft. Um für sie Erleichterung zu erzwingen, hat die Mafia versucht, den Staat gleichsam mit Bomben an den Verhandlungstisch zu zwingen. Falcone und Borsellino haben jedes Zugeständnis scharf abgelehnt. Beide mussten sterben. Der Verdacht bis heute: Hat sie der Staat im Stich gelassen?

Nun gibt es neue Drohungen von Mafiabossen gegen die Staatsanwaltschaft in Palermo. Alfanos Worte müssen als Frühwarnung verstanden werden - aber das Stochern der Antimafia-Ermittler in undurchsichtigen Machenschaften verbrecherischer Zeiten ist explosiv genug.