Peter Weibel: Überwachung und "Quantenkino"

Mehr als 500 Autor/innen haben gestern gegen die Massenüberwachung protestiert. Medienkünstler Peter Weibel, Leiter am ZKM (Museum für Neue Kunst) in Karlsruhe, fordert die Offenlegung aller Informationen, die den Geheimdiensten zur Verfügung stehen. Gestern war Weibel in Wien, um an einer Diskussion zu seinem "Quantenkino" teilzunehmen.

Morgenjournal, 11.12.2013

Was wir verlangen müssen, ist nicht der Schutz der Privatsphäre, sondern den freien Zugang zur Infosphäre. Und zwar für alle, sagt Peter Weibel. Weibel vermisste an der gestrigen Petition, dass sie das Informationsmonopol mit keinem Wort erwähnte. Er meint, es ginge um die Entmachtung der neuen Priesterkaste, der Geheimdienste, die nervös würden, wenn nur ein Geheimnis an die Öffentlichkeit dringe. Die Privatsphäre sei ohnehin schon entwertet, die Menschen liebten das sogar.

Die meisten Menschen verstehen nicht, dass sie mit ihrer Offenherzigkeit, in der sie sogar sexuelle Vorlieben preisgeben, extrem manipulierbar werden. So gewann etwa Barack Obama die Wahl 2012 mit Hilfe des Microtargeting, einer Methode, die sich in der Onlinewerbung bestens bewährt hat. Mehr als 250 Millionen gut durchleuchtete Profile fanden sich in Obamas Datenschutz. "Wenn du kannst, spende 15 Dollar, Barack Obama". Die derart Angesprochenen fühlten sich geschmeichelt und bekamen das Gefühl, als seien nur sie persönlich gemeint. Das erhöhte die Bereitschaft, dem Aufruf zu folgen.

Wie im Modell von Schrödingers Katze, in dem die Katze in der Kiste entweder tot oder lebendig sein kann, schaffen die Geheimdienste durch ihre Beobachtung erst die Tatsachen. Unter dem Deckmantel der Sicherheit beschneidet der Staat die Bürgerrechte. Rein theoretisch schließen sich die Forderungen nach Schutz der Privatsphäre und Freiheit der Infosphäre natürlich aus. Letztlich sind es aber gegensätzliche Methoden mit demselben Ziel: die Freiheit der Bürger im Staat zu bewahren.