Syrische Flüchtlinge: Neues Zuhause in Schwechat

Manchen Syrern, die wegen des Bürgerkriegs in ihrem Heimatland nach Österreich geflüchtet sind, ist es wenigstens gelungen, als Familie zusammen zu bleiben. Die fünfköpfige Familie Mistrih hat ihr neues Zuhause in Schwechat, betreut wird sie von der katholischen Kirche.

Morgenjournal, 23.12.2013

Schrecken legt sich nur langsam

Bei Familie Mistereeh geht es lebendig zu. Mutter Bahija trägt die 16 Monate alte Nur am Arm. Zwischen ihren Hosenbeinen lugen Nurs ältere Brüder hervor. Antoine wird in wenigen Tagen fünf, Ibrahim wird vier. Beide sind zwar schüchtern, aber auch neugierig und sie sind stolz auf ihre ersten deutschen Worte.

Dass seine Kinder sorglos durch die Wohnung laufen, war lange nicht selbstverständlich, erzählt Vater Mazen: "In den ersten Tagen hier haben die Kinder auf jedes Geräusch reagiert. Wenn etwa ein Auto draußen gestartet wurde, sind sie erschrocken. Jetzt können sie wieder spielen, lachen und ruhig schlafen."

Flucht in Angst

Die Familie Mistereeh stammt aus einem kleinen Dorf in der nordsyrischen Provinz Idlib. Vor dem Bürgerkrieg hat Bahija als Volkschullehrerin gearbeitet, Mazen als Optiker. Im Verlauf des Bürgerkriegs sei es in ihrem Dorf immer schlimmer geworden, bis die Zivilbevölkerung direkt zwischen die Fronten von Armee und Rebellen geraten ist, schildert Mazen. In diesen Kriegswirren ist Tochter Nur zur Welt gekommen. Ihr Name bedeutet Licht. Eine Flucht mit den kleinen Kindern war lange nicht möglich. Vor elf Monaten gab es plötzlich eine Chance, erzählt Mazen: "Am 27. Jänner sind die Rebellen auf das Dorf zumarschiert und haben Stützpunkte des syrischen Militärs erobert. Alle aus dem Dorf, die körperlich in der Lage waren, haben das genutzt, und sind in Gruppen geflüchtet."

Sie werde diesen Tag nie vergessen, schildert Bahija: "Wir hatten eigentlich Glück, weil wir mit dem Auto flüchten konnten. Wir haben ständig die Angst gehabt: Trifft uns die nächste Bombe oder nicht. Die Kinder haben sich vor lauter Angst in die Hose gemacht. Für die drei Kilometer in das nächste Dorf haben wir fünf Stunden gebraucht. Ich finde keine Worte um zu beschreiben wie es für mich war, ab einem gewissen Zeitpunkt habe ich aufgehört zu fühlen. Am Wegrand sind nur Leichen gelegen. Die beiden Buben haben sich am Boden des Autos zusammengekauert, Nur habe ich am Schoß gehabt und mich über sie gebeugt. Von der Autokolonne, in der wir unterwegs waren, haben es viele nicht geschafft."

Weihnacht in Frieden

Nach mehreren Tagen Flucht, ohne eine Minute Schlaf, ist die Familie schließlich im Libanon gelandet, wo sie zehn Monate in einem Kloster des Kapuzinerordens untergekommen ist. Nun sind die Mistereehs in das österreichische Flüchtlingsprogramm aufgenommen worden. Seit Mitte November leben sie in Schwechat. Hier wird nicht geschossen und sie sind in Sicherheit, das sei das Wichtigste, sagt Bahija. Und auch wenn sie jeden Tag an ihre Eltern und Geschwister denken muss, die noch immer in Syrien sind, freut sie sich auf ein Weihnachten in Frieden.

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