GB: Foltervorwürfe gegen Geheimdienste
Seit Jahren gibt es Foltervorwürfe ehemaliger Terrorverdächtiger gegen die britischen Geheimdienste. Bisher wurden alle Ermittlungen gegen Agenten eingestellt. Auch eine öffentliche Untersuchungskommission kam zu einem frühzeitigen Ende, weil die Polizei weitere Vorwürfe in diesem Zusammenhang untersuchte. Der frühere Richter Peter Gibson sagt, es gebe Anzeichen, dass Agenten in illegale Auslieferungen und Folter möglicherweise involviert waren. Jetzt soll die parlamentarische Sicherheitskommission ermitteln.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 21.12.2013
Aus London berichtet
In illegale Auslieferungen verwickelt?
Peter Gibson hatte als Vorsitzender der unabhängigen Untersuchungskommission 20.000 streng geheime Dokumente auf mögliches Fehlverhalten britischer Agenten untersucht. Es sind 40 Fälle, in denen Terrorverdächtige behaupten, mit britischer Hilfe in Gefängnisse in Afghanistan, Libyen und im Irak verschleppt worden zu sein. Sie sagen, sie seien dort gefoltert worden, die britischen Geheimdienste hätten davon gewusst.
Gibson sagt, er sei auf Material gestoßen, das den Anschein erwecke, Großbritannien habe sich möglicherweise falsch verhalten. Es könnte in illegale Auslieferungen verwickelt gewesen sein. Das sei ein gravierender Vorwurf und müsse in einer neuen Untersuchung geprüft werden, so Gibson. Der ehemalige Justizminister Ken Clarke kündigte diese Woche im Parlament an, die Parlamentarische Sicherheitskommission werde Peter Gibsons Arbeit weiterführen und noch mehr Informationen sammeln. Das Parlament werde nach Abschluss der Untersuchung informiert.
Menschenrechtler: "Kehrtwende"
Menschenrechtsorganisationen wie Reprieve sprechen von einem skandalösen Vorgang. Geschäftsführerin Clare Algar wirft der Regierung vor, eine Kehrtwende zu machen. Sie habe eine unabhängige Untersuchung versprochen und jetzt würde die zahnlose Sicherheitskommission eingesetzt, den Foltervorwürfen nachzugehen.
Die britische Regierung sagt, die Geheimdienste hätten keine Möglichkeit, sich vor Gericht öffentlich zu verteidigen, sie würden sonst zukünftige Einsätze gefährden. Auch ein Grund, warum sie vor dem Höchstgericht zustimmte, einem libyschen Dissidenten und seiner Familie umgerechnet mehr als 2,5 Millionen Euro Entschädigung zu zahlen.
Zahlung "kein Schuldeingeständnis"
Sami al-Saadi soll im März 2004 mit seiner Familie in einer britisch-libyschen Gemeinschaftsaktion aus Hongkong nach Libyen geflogen worden sein. Das legt ein altes Fax des US-Auslandsgeheimdienstes CIA nahe. Der ehemalige Vertraute von Osama bin Laden sagte gegenüber der BBC, er sei von zwei Beamten des britischen Außenministeriums während der Haft besucht worden. Er habe ihnen nicht von den Folterungen erzählen können, weil er sonst noch mehr gefoltert worden wäre.
Die Zahlung sei kein Schuldeingeständnis, heißt es von der britischen Regierung. Die Vorwürfe schadeten Großbritanniens Ansehen in der Welt, deshalb wolle man sie aus der Welt räumen, sagte Außenminister William Hague. Die Frage ist nun, ob die Öffentlichkeit nach dieser neuen Untersuchung die Wahrheit erfährt.