Süditalien: Angst vor Erdbeben

Keine entspannten Weihnachten im erdbebengeplagten Italien: Wieder herrscht Angst vor einer Katastrophe. Seit mehr als einer Woche werden aus Umbrien, den Marken und den Abruzzen, entlang des Apennins, immer wieder leichtere Erdstöße gemeldet - bisher ohne größere Schäden. Gestern Abend aber bebte es auch weiter südlich, in Neapel, und zwar verhältnismäßig stark.

Mittagsjournal, 30.12.2013

Aus Italien berichtet

Bis nach Rom zu spüren

Es war eine kräftige Erschütterung, gestern Abend gegen 18 Uhr: Straßenampeln und Lampen schwankten, in den Häusern klirrte das Geschirr und die Möbel wackelten, in Geschäften stürzten Flaschen von den Regalen. In Panik stürzten Tausende Bewohner Neapels mit Kind und Kegel auf die Straßen. "Ich gehe sicher nicht in die Wohnung zurück", sagt diese Frau. Mit ihren drei Kindern übernachtet sie den winterlichen Temperaturen zum Trotz im Auto, so wie viele andere Familien auch.

Der Seismograph registrierte einen Stoß der Stärke 4,8 auf der Richterskala - was schon als gefährlich eingestuft wird. In der Nacht folgten mehrere leichte Nachbeben. Das Epizentrum lag in den Bergen des Apennin, zehn Kilometer unter der Erdoberfläche, nördlich der Millionenstadt Neapel, und wurde in den Regionen Kampanien, Molise, Abruzzen und Latium bis nach Rom gespürt.

Noch weitere Beben erwartet

Verletzte und größere Schäden gab es zum Glück nicht. Die Feuerwehr war vor allem im Einsatz, um Wohnungstüren aufzusperren, deren Schlüssel in der Panik vergessen wurden. Die Seismologen wollen heute aber noch keine Entwarnung geben. Es werde sicher noch weitere Beben geben, sagt Calvino Gasparini vom nationalen Institut für Geophysik in Rom: "Vermutlich werden sie aber nicht stärker sein als das erste. Aber wir können das nie mit Sicherheit sagen. Faktum ist, wir haben es mit einer seismischen Phase zu tun, in einer notorisch seismischen Gegend, in der historische Erdbeben bis in die Römerzeit zurückreichen."

Auch aus Umbrien, einem Zentrum der italienischen Renaissance, werden seit Tagen leichtere Erdbeben gemeldet. Bisher haben sie keine Schäden an den weltberühmten Kirchen und Kunstwerken verursacht. Trotzdem hält man auch hier ängstlich den Atem an. In Neapel riefen die Erschütterungen die Erinnerung an das große Erdbeben von Irpinien wach. Vor fast genau 33 Jahren, Ende November 1980, richtete es verheerende Schäden an, an die 3.000 Menschen starben damals unter den Trümmern.

Bauvorschriften oft nicht eingehalten

Im italienischen Radio sagt heute der Präsident der Geologen der Region: "Seit Langem fordere ich für Kampanien ein wichtiges Instrument: einen regelmäßigen Zustandsbericht über jedes Gebäude. Dann wüssten die Leute ob sie in sicheren Häusern leben oder nicht. So herrscht dagegen Daueralarm."

Aber nicht nur nachträgliche Kontrollinstrumente fehlen. Auch die bestehenden Bauvorschriften, die Häuser und Wohnungen in Italiens Erdbebenzonen sicherer machen sollen, werden nur halbherzig bis gar nicht durchgesetzt.