Arbeitsrecht: Arbeiter weiter benachteiligt

Nach wie vor gibt es im Gesetz wesentliche Unterschiede zwischen Arbeitern und Angestellten, darauf weist nun die Arbeiterkammer Tirol, gemeinsam mit dem Institut für Arbeits- und Sozialrecht der Universität Innsbruck hin. Arbeiter können etwa bei einer „abschreckenden“ Krankheit, wie es im Gesetz heißt, theoretisch fristlos entlassen werden. Und sie haben meist viel kürzere Kündigungsfristen als Angestellte und weniger Recht auf Freistellung in wichtigen Gründen.

Morgenjournal, 4.1.2014

Zwangsurlaub und Minusstunden

Zu wenig Lohn, zu wenig Urlaubs- oder Weihnachtsgeld und Kündigungen während eines Krankenstandes - mit diesen Beschwerden sind Arbeitsrechtsexperten nach wie vor am meisten konfrontiert, sagt Thomas Radner von der Arbeiterkammer Tirol. Oft geht es aber auch um Zwangsurlaub oder angeordnete Minusstunden bei schlechter Auftragslage.

Beides ist aber rechtswidrig, nur wenn der Arbeitnehmer Urlaub oder Minusstunden zustimmt, können sie auch in Abzug gebracht werden. Rechtswidrig behandelt werden oft auch geringfügig Beschäftigte, so der Arbeitsrechtsexperte. Wenn diese etwa nur Montag und Dienstag arbeiten und Montag ist Feiertag, so müssten sie diesen Tag nachholen, das sei rechtswidrig.

Denn es gilt: Geringfügig Beschäftigte sind gleich zu behandeln wie alle anderen, sie haben also ebenso Anspruch auf Urlaubsgeld, Fortzahlung bei Krankheit oder Pflegefreistellung.

Kein eigenes Gesetz

Und apropos Freistellung - viele Anfragen bei der Arbeiterkammer betreffen die Frage von Dienstverhinderungen in wichtigen Gründen, also etwa bei Todesfällen in der Familie, bei Arztbesuchen oder auch bei Straßensperren. Bei starken Schneefällen etwa können Angestellte ohne Probleme zu spät kommen, Arbeiter müssten sich aber Urlaub nehmen.

Wie überhaupt Arbeiter in einigen Bereichen noch deutlich schlechter gestellt sind als Angestellte, ergänzt Gert-Peter Reissner Professor für Arbeitsrecht an der Universität Innsbruck - betroffen davon sind noch immer 1,3 Millionen Beschäftigte, rund 38 Prozent. Unterschiede gibt es bei Kündigungsfristen: Angestellte haben hier zwei Monate, Arbeiter nur 14 Tage oder teilweise auch gar keine Kündigungsfrist.

Denn im Gegensatz zu Angestellten haben Arbeiter nie ein eigenes Gesetz bekommen, ihre Stellung beruht bis heute auf Teilen der Gewerbeordnung von 1859. Ein Beispiel: die Behaftung mit einer „abschreckenden Krankheit“ ist ein Entlassungsgrund, dieser Unterschied zwischen Arbeitern und Angestellten sei an der Grenze zur Verfassungswidrigkeit. Und eine Vereinheitlichung, so Reissner, damit höchst an der Zeit.