"All Is Lost": Redford in Seenot

77 Jahre ist Hollywood-Star Robert Redford mittlerweile alt. Zweimal hat er bislang einen Oscar erhalten - allerdings noch nie als Schauspieler. Mit seiner jüngsten Rolle könnte sich das ändern. Für einen Golden Globe ist er bereits nominiert.

In "All Is Lost" spielt Redford einen alten Mann, der mit seiner Yacht in Seenot gerät. Acht Tage dauert seine Odyssee. Die Kritiker sind begeistert. Inszeniert hat das Ozean-Drama Regisseur J. C. Chandor.

Mittagsjournal, 8.1.2014

Jedes Leben ist zerbrechlich und jedes Leben verläuft unvorhersehbar. Selbst das eines Mannes, der es sich leisten kann, auf einer gediegenen Yacht durch die Weltmeere zu tingeln. "Virginia Jean" heißt die Yacht und nach einer Kollision mit einem Schiffscontainer driftet der Mann plötzlich völlig auf sich allein gestellt auf dem offenen Meer.

Bald darauf gibt das Funkgerät endgültig seinen Geist auf, irgendwo zwischen Java und Sumatra im Indischen Ozean. Ohne Namen, ohne Vergangenheit - und möglicherweise auch ohne Zukunft - treibt der Mann im Ozean. Was sich entspinnt, ist ein minimalistisches Kammerspiel um Überlebenswillen, Demut und Menschlichkeit.

Die Instrumente versagen, die Essensrationen sind bald aufgebraucht und auch die Seelenruhe des Mannes beginnt zu bröckeln. Gegen die Willkür der Natur bleibt ihm nur sein Überlebenswille. Sein zähes Weitermachen zeichne den Mann aus, so Robert Redford, weiterzumachen sei alles, was bleibt.

In diesem elementaren Kampf bleibt kein Platz für Dialoge. Regisseur Chandor lässt auch jegliches spirituelle Beiwerk beiseite. Sein Schiffbruch kommt ganz ohne Tiger aus. Er wolle Unterhaltungskino mit Tiefgang verbinden, so Chandor.

Wie ein Held in der Tradition Hemingways begegnet der Mann seinem Unglück. Stoisch und mit Würde krallt er sich an seine Menschlichkeit, trotzt dem peitschenden Ozean mit einem Glas Whiskey, und rasiert sich, während er ins Ungewisse treibt.

Die Hauptrolle hat Regisseur Chandor speziell für Redford geschrieben. Dadurch wird "All Is Lost" auch zu einer Parabel über das Älterwerden an sich. Redford ist eine Ikone des amerikanischen Optimismus'. In "All Is Lost" aber weicht seine ewig blonde Jugendlichkeit einer neuen Verwundbarkeit. Wenn er durchnässt und ermattet auf den Resten seiner Yacht liegt, sieht man Redford jedes einzelne seiner 77 Lebensjahre an.

"All Is Lost" ist ein auf das Notwendigste reduzierter Action-Film, ebenso wie ein existenzialistisches Drama. Die Geschichte eines alten Mannes, der sich aufmacht, um die Einsamkeit zu genießen, und pure Verlassenheit findet.

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