"Die Welt von gestern" im Wiener Schauspielhaus
Das Wiener Schauspielhaus startet heute seine fünfteilige Serie anlässlich des Gedenkjahres 2014 zum Ersten Weltkrieg mit dem Stück "Die Welt von gestern".
26. April 2017, 13:56
"100 Jahre Wahn und Sinn" lautet das Motto des Wiener Schauspielhauses für das Gedenkjahr 2014. In elf Produktionen werden die vergangenen hundert Jahre - vom Beginn des Ersten Weltkriegs bis dato - fokussiert. Zum Auftakt der sogenannten "Serie" gibt es heute Abend einen Rückblick auf "Die Welt von gestern".
Hausautorin Anne Habermehl hat Stefan Zweigs "Erinnerungen eines Europäers" zum Ausgangspunkt einer fünfteiligen Serie genommen, in der reale und fiktive Geschichten erzählt werden.

(c) Schauspielhaus Wien
Kulturjournal, 16.01.2013
Es sind sehr berührende und aufgrund ihrer Schlichtheit auch sehr beeindruckende Szenen, die Anne Habermehl für die erste Folge mit dem Titel "Glanz und Schatten Europas" lose montiert. Zwei alte Menschen, gespielt von Margarethe Tiesel und Michael Gempart, erinnern sich an Stationen ihres Lebens, an schmerzhafte Ereignisse und an lustvolle Momente.
Anne Habermehl und Felicitas Brucker haben für dieses Projekt mit 100-jährigen Männern und Frauen gesprochen. Sie haben die Personen meist in Seniorenheimen besucht und sich erzählen lassen, woran sie sich in ihrem Leben erinnern.
Das Schweigen einer Frau hat Anne Habermehl motiviert, eine fragmentarische Biografie zu skizzieren und diese mit eigenen Geschichten und Erzählungen von anderen Personen zu verdichten. So ist auch kein Porträt entstanden, keine chronologische Abfolge, sondern ein harmonisches Ineinandergleiten von Erinnerungsfetzen.
Was der Beginn des Ersten Weltkriegs für die damalige junge Generation bedeutet hat, wovon sie sich verabschieden musste und welche Folgen es durch den Umbruch im privaten und öffentlichen Leben gab, das hat Stefan Zweig in seiner posthum veröffentlichten Autobiografie "Die Welt von gestern" sehr eindrücklich geschildert. Seine Erinnerungen an die Donaumonarchie und das untergehende Reich ist die literarische Grundlage für Anne Habermehls aktuelle Arbeit.
Über das Festhalten, das Erinnern, das Loslassen und Schweigen erzählt "Glanz und Schatten Europas" sehr einfühlsam und gänzlich unspektakulär. Die erste Folge dieser fünfteiligen Serie beginnt heute Abend im Schauspielhaus in der Wiener Porzellangasse. Bei einer kurzen Einführung wird dann erst der eigentliche Spielort bekannt gegeben. Es ist ein sehr geschichtsträchtiger Ort im 9. Bezirk, so viel kann schon gesagt werden.