Juncker für Mindestlohn in allen EU-Staaten

Der ehemalige luxemburgische Ministerpräsident Jean-Claude Juncker gilt als Favorit für die Nachfolge von Jose Manuel Barroso als EU-Kommissionspräsident. "Im Journal zu Gast" verteidigt er seine bisherige Linie in der EU-Politik und zeigt sich offen für mehr gemeinsame Sozialpolitik in der Zukunft, vor allem in Richtung Arbeitslosigkeit. So spricht er sich etwa auch deutlich für einen gesetzlichen Mindestlohn in der EU aus.

J-C Juncker

(c) APA/EPA/NICOLAS BOUVY

Mittagsjournal, 25.1.2014

Der ehemalige Ministerpräsident Luxemburgs, Jean-Claude Juncker, "Im Journal zu Gast" bei

"Schuldenkrise besteht immer noch"

Luxemburgs Ex-Ministerpräsident Jean-Claude Juncker bekräftigt "Im Journal zu Gast" seine Bestrebungen, neuer EU-Kommissionspräsident werden zu wollen. Er will noch nicht von einem Ende der Euro-Krise sprechen: "Die Schuldenkrise in der Währungsunion besteht immer noch, die notwendige Konsolidierung der öffentlichen Finanzen bleibt nach wie vor eine Notwendigkeit – daran arbeiten die Regierungen mit einigermaßen Erfolg -, aber die Finanz- und Wirtschaftskrise ist erst dann vorbei, und die Europa-Krise mithin auch, wenn die Arbeitslosenzahlen nach unten gehen."

Dass er für die EU-Politik der vergangenen Jahre steht, sieht Juncker nicht problematisch. Er gibt zu, dass sich Europa in der Tat in größter Erklärungsnot befinde, man habe es aber immerhin geschafft, dass die größten Herausforderungen im Zusammenhang mit "dem, was man Euro-Krise nannte" inzwischen überwunden worden seien. Vor etwas über einem Jahr sei schließlich sogar die Existenz der Währungsunion in Frage gestanden, Stichwort "Grexit".

Keine Vereinten Staaten von Europa

Juncker nimmt die EU sozusagen in Schutz: "Die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union sind wesentlich besser durch die Krise gekommen, weil es Europa gab, weil es den Euro gab, weil es eine Europäische Zentralbank gab, weil es eine europäische Bankenaufsicht, eine Bankenunion geben wird." Damit sei der Weg gelegt, wie man in Zukunft mit derartigen Krisen so umgehen kann, sagt Juncker, sodass nicht die Steuerzahler als erste herhalten müssen, wenn es um Bankenrettung geht.

Entwarnung gibt er auch, was die Gerüchte über "Vereinten Staaten von Europa" angeht. Nationalstaaten seien auf Dauer angelegt und die EU werde nie zu den Vereinten Staate von Europa nach dem Muster der Vereinigten Staaten von Amerika werden. "Ich möchte das auch nicht haben", stellt Juncker klar, "man kann die EU nicht stärken indem man die Nationalstaaten schwächt". Die Nationalstaaten sollten dort zuständig sein, wo sie bessere Regelungen finden als die EU, Europa müsse sich nicht um alles kümmern, so der ehemalige "Mister Euro". Die Bankenkrise wiederum habe gezeigt, dass es stärke Regeln auf europäischer Ebene braucht.

Europaweite Arbeitslosenversicherung

Juncker will sich als möglicher nächster Kommissionspräsident für einen Mindestsockel an Arbeitnehmerrechten in der EU und für gesetzliche Mindestlöhne in allen Mitgliedsstaaten einsetzen: "Dass jeder, der arbeitet, von seiner Arbeit leben können muss, muss in Europa nicht nur in Worten verankert werden." Es brauche in jedem Nationalstaat – prinzipiell – ein Mindesteinkommen, damit nicht manche durch die Löcher der sozialen Netze fallen, bekräftigt Juncker.

Was eine europaweite Arbeitslosenversicherung angeht, zeigt er sich zurückhaltender. Eine solche werfe erhebliche, kaum lösbare technische Fragen auf. "Im Prinzip bin ich für ein derartiges Vorgehen", sagt Juncker. Ihm fehle noch ein schlüssiger Detailvorschlag.

Steht Merkel hinter Juncker?

Im Prinzip stammt der EU-Kommissionspräsident immer aus jener Partei, die bei der Wahl zum EU-Parlament EU-weit die meisten Stimmen erhält. Das würde heißen, wer in Österreich ÖVP wählt, könnte auch Juncker "wählen"? Hier formuliert Juncker diplomatisch: "Wenn ich Spitzenkandidat werde und wenn die EVP (Europäische Volkspartei, Anm.) das beste Wahlergebnis einfährt, dann ist der sicherste Weg, mir das Vergnügen zu verleihen, mich öfter mit Ihnen über Europapolitik unterhalten zu können, die Österreichische Volkspartei zu wählen."

Um tatsächlich Kommissionspräsident zu werden, bräuchte Juncker die Zustimmung der Staats- und Regierungschefs der EU. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel hatte sich zuletzt jedoch kritisch geäußert. Juncker sagt aber, er gehe davon aus, die Unterstützung der meisten EVP-Staats- und Regierungschefs zu haben, "inklusive Frau Merkel".