Hüftoperationen: Finanzielle Ungereimtheiten

Ein Test des Vereins für Konsumenteninformation hat gezeigt, dass bei Hüft-Operationen der Umweg über eine Privatordination eines Spitalsarztes der Testperson in fünf von zwölf Fällen eine Vorreihung auf der Warteliste gebracht hat. Und es gibt noch weitere Ergebnisse des Tests: einen Verdacht auf versuchte Steuerhinterziehung und einen Verdacht auf Beihilfe zum Abrechnungsbetrug.

Mittagsjournal, 27.1.2014

"Verdacht auf Steuerhinterziehung"

Zwischen 90 und 150 Euro hat die Testperson für ihre Termine in den Privatordinationen bezahlt. 120 Euro sollte der Termin in der Privatordination eines Wiener Arztes kosten. So lautete zumindest die Auskunft am Telefon, erzählt die Zeugin, die die Testperson bei allen Arztbesuchen begleitet hat: "Dann hat die Testerin gesagt, sie bräuchte eine Rechnung. - Na, dann sind's 140." Das sei Verdacht auf Steuerhinterziehung, sagt die Gesundheitsexpertin des Vereins für Konsumenteninformation, Bärbel Klepp, die für den Test verantwortlich ist: "Da fragt man schon, wie genau der Herr Doktor mit der Abrechnung in seiner Privatordination umgeht."

Vorwürfe gegen Kammerfunktionär

In einem Fall attestiert der VKI Verdacht auf Beihilfe zum Abrechnungsbetrug. Das Brisante daran: Es handelt sich um den Präsidenten der niederösterreichischen Ärztekammer, Christoph Reisner. Klepp: "Der hat sich zwar sonst korrekt verhalten, aber bei der Abrechnung war er etwas kreativ. Und zwar wird auf der Honorarnote ausgewiesen, dass eine manuelle Therapie bei der Patientin durchgeführt wurde, und das war nicht so." Der Hintergrund: Das Wahlarzthonorar können Patienten bei der Krankenkasse einreichen. Die zahlt einen Teil der Leistungen zurück. Reicht ein Patient ein Honorar mit mehr Leistungen ein, als tatsächlich erbracht wurden, bekommt er auch mehr zurück. Nur: Das ist Betrug: "Dadurch ist es natürlich für mehr Leute leistbar, in die Wahlarzt-Ordination zu gehen", hebt die VKI-Expertin hervor.

Patientenanwalt Gerald Bachinger kritisiert, wie der niederösterreichische Ärztekammerpräsident die Untersuchung der Testperson verrechnet hat, als "leichtfertig und schludrig" und sieht ein Problem der Vertrauenswürdigkeit dieses Arztes auch im Hinblick auf seine öffentlich-rechtliche Position.

Beschuldigter: "Schwachsinn"

Die Anschuldigungen seien lächerlich, entgegnet Christoph Reisner: "Ich mache selber die Ausbildung für zukünftige Wahlärzte. Und ich warne alle immer davor, Leistungen drauzuschreiben, die man nicht erbracht hat, weil das Betrug ist. Also das ist ganz schwachsinnig, dieser Gedanke." Er habe sich "ganz sicher nichts" zuschulden kommen lassen. Bei einer Vormerkung für eine Hüftoperation werde üblicherweise das Hüftgelenk untersucht, so Reisner, und diese Untersuchung erfolge nach manualtherapeutischen Kriterien. Bärbel Klepp kann das nicht nachvollziehen, denn auf dem Honorar fänden sich zwei Positionen: eingehende Untersuchung und manuelle Therapie.

Zu diesem Fall und auch zu den Ärzten, die laut VKI versucht haben, OP-Wartelisten zu umgehen, wollte die Österreichische Ärztekammer heute keine Stellungnahme abgeben.