Kritik an Integrationspolitik der Regierung
Was plant die neue Regierung in den kommenden fünf Jahren in Sachen Integration? Enttäuschend wenig, findet der "Alternative Expertenrat", den SOS-Mitmensch vor zwei Jahren ins Leben gerufen hat. Besonders in der Bildung und beim Thema Staatsbürgerschaft gehe nichts weiter, da sei das Regierungsprogramm sehr diffus und düster.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 29.1.2014
Ein Viertel vom Wahlrecht ausgeschlossen
Ein Lückentext sei das Regierungsprogramm, was die Maßnahmen für bessere Integration betrifft. Von einer neuerlichen Staatsbürgerschaftsreform zum Beispiel sei überhaupt keine Rede, kritisiert Gerd Valchars von der Universität Wien. Zum ersten Mal lebten in Österreich mehr als eine Million Menschen ohne österreichische Staatsbürgerschaft, sagt Valchars, das heiße, dass auch immer weniger wählen dürfen. Am Beispiel Nationalratswahl 2013 sehe man, dass in Wien 22 Prozent der Wohnbevölkerung vom Wahlrecht ausgeschlossen gewesen sei, in manchen Bezirken sei dieser Anteil noch deutlich höher.
Auch in der Bildung gehe wenig weiter, kritisiert Maria Steindl vom interkulturellen Zentrum: Österreich sei eines der wenigen Länder in der EU, wo Bildung und Bildungsmisserfolg vererbt würden. Eine gemeinsame Schule und Ganztagsschulen würden für mehr Chancengerechtigkeit sorgen, so Steindl.
Deutsch- statt Sprachförderung
Hans-Jürgen Krumm vom Institut für Germanistik an der Uni Wien ortet sogar Rückschritte - zum Beispiel, dass Kinder mit schlechten Sprachkenntnissen vor Schuleintritt separiert werden sollen: "Sprachen lernt man nicht, indem Kinder, die sie alle nicht sprechen können, nur zusammenpfercht. Integrative Angebote sin da besser." Im neuen Regierungsprogramm heiße Sprachförderung nur noch Deutschförderung, so Krumm, der auch anprangert, dass schon im Kindergarten Deutschprüfungen abgehalten würden.
Dass Asylwerber endlich arbeiten dürfen, auch das fordern die Mitglieder des Expertenrats. Dieses Regierungsprogramm dürfe jedenfalls nicht in Stein gemeißelt sein, so Alexander Pollak von SOS-Mitmensch: "Es muss darüber hinausgehende Maßnahmen und Initiativen geben, ansonsten schaut es in der Integrationspolitik in den kommenden fünf Jahren eher düster aus."